Alfonso Ugolini wurde 1908 in Frankreich geboren und erlebte zwei Weltkriege, bevor er im Alter von 65 Jahren zum Priester geweiht wurde. Dieser einzigartige Weg prägte ihn zu einem Pfarrer, der auf innere Wunden achtet. Er diente 25 Jahre lang in Italien und widmete seinen Lebensabend der Beichte und der Eucharistie. Seine geduldige Treue zeigt, dass kein Ruf zu spät kommt. 2020 wurde er zum Priester geweiht und bezeugt, dass Heiligkeit auf vertrauensvoller Erwartung und dem Dienst an den Demütigsten beruht.
Stellen Sie sich vor, Sie müssten 65 Jahre warten, um Priester zu werden. Alfonso Ugolini wurde 1908 in Thionville geboren und wuchs zwischen zwei Kulturen auf. Die Prüfungen des Jahrhunderts verzögerten seine Priesterweihe bis 1973. Seine erste Taufe empfing er dann in einem Alter, in dem andere bereits in den Ruhestand gingen. Diese Geduld prägte ihn zu einem außergewöhnlichen Beichtvater. Bis zu seinem Tod 1999 vermittelte er mit seltener Sanftmut die göttliche Barmherzigkeit. Sein Beispiel ist ein Licht für jede verspätete oder vereitelte Berufung.
Biographie
Ein Kind der Grenze, geprägt von der Geschichte
Alfonso Ugolini wurde am 10. Januar 1908 in Thionville in eine italienische Familie im Departement Moselle geboren. Sein Vater arbeitete im Stahlwerk, während seine Mutter den Haushalt zurückhaltend führte. Das Kind wuchs zweisprachig auf, zwischen französischem Katholizismus und italienischer Marienfrömmigkeit. Schon als Jugendlicher verspürte er die Berufung zum Priesteramt, doch die Umstände hielten ihn davon ab. Die Wirtschaftskrise von 1929 traf die Familie hart. Alfonso musste seine Familie ernähren, in einer Fabrik arbeiten und das Priesterseminar aufgeben.
Der Zweite Weltkrieg stellte alles auf den Kopf. Thionville fiel 1940 unter deutsche Besatzung. Alfonso verweigerte die Einberufung zur Wehrmacht und floh 1942 nach Italien. Er fand Zuflucht in Sassuolo, einer kleinen Stadt in der Emilia-Romagna. Dort widmete er sich wieder der Handarbeit, lebte in ärmlichen Verhältnissen und beteiligte sich heimlich am katholischen Widerstand. Bei der Befreiung war er 37 Jahre alt. Der Gedanke an das Priesteramt kam wieder auf, doch er zögerte noch. Die Nachkriegsjahre erforderten Wiederaufbau und unmittelbares Überleben.
Dann begann eine lange Zeit des Wartens. Alfonso nahm eine Reihe prekärer Jobs an, half als engagierter Laie in Pfarreien und vertiefte sein Gebetsleben. Er engagierte sich im Marienheiligtum von Fiorano Modenese und verbrachte dort Stunden vor dem Allerheiligsten. Den Priestern fielen seine Treue und tiefe Demut auf. Um 1970 ermutigte ihn der Bischof von Reggio Emilia, wieder ins Priesterseminar einzutreten. Alfonso nahm schließlich an. Mit 62 Jahren begann er seine theologische Ausbildung.
Am 29. Juni 1973, dem Fest der Heiligen Petrus und Paulus, weihte ihn Monsignore Gilberto Baroni zum Priester. Alfonso war 65 Jahre alt. Viele murrten, er sei zu spät gekommen. Er empfing diese Gnade als geduldige Erfüllung des göttlichen Plans. Sofort bat er um die einfachsten Aufgaben: Krankenhausseelsorge, lange Beichten, Besuche bei isolierten Patienten. Sein hohes Alter ermöglichte ihm völlige Verfügbarkeit.
26 Jahre lang, bis zu seinem Tod am 25. Oktober 1999, übte Don Alfonso einen diskreten, aber intensiven Dienst aus. Er nahm täglich mehrere Stunden lang Beichten ab und empfing jeden, ohne zu urteilen. Seine Predigten blieben kurz und konkret. Er feierte die Eucharistie mit einem langsamen, gelassenen und bewegenden Tempo. Die Gemeindemitglieder von Sassuolo erinnern sich an ihn als einen einfachen, armen und stets verfügbaren Priester. Er starb im Alter von 91 Jahren im Kreise weniger Gläubiger. Am 23. November 2020 verkündete Papst Franziskus das Dekret zur Anerkennung seiner heroischen Tugenden.
Legende
Die Barmherzigkeit im Beichtstuhl
Eine Tatsache prägt Alfonso Ugolinis Erinnerung: seine Anwesenheit im Beichtstuhl. Zeugen und Archive bestätigen: Er verbrachte dort täglich vier bis fünf Stunden und empfing jeden Menschen mit unendlicher Geduld. Keine Beichte ermüdete ihn, keine Wiederholung irritierte ihn. Er hörte jedem Büßer zu, als wäre er der Erste. Diese außergewöhnliche Treue übertraf die üblichen pastoralen Normen bei weitem.
Eine lokale Legende erzählt von einem jungen Mann, der unter Drogeneinfluss stand und eines Nachts an die Tür des Pfarrhauses klopfte. Alfonso hieß ihn willkommen, hörte ihm bis zum Morgengrauen zu und beichtete bedingungslos. Der Junge kam regelmäßig, entgiftete sich schließlich und fand wieder Arbeit. Jahre später sagte er vor dem Diözesanprozess öffentlich aus. Die Geschichte kursiert noch heute in Sassuolo und symbolisiert die bedingungslose Barmherzigkeit des alten Priesters.
Ein anderer Bericht erinnert an seine Marienverehrung. Alfonso soll auf dem Weg zum Krankenhaus den Rosenkranz gebetet und zwischen den Krankenbesuchen das Ave Maria gemurmelt haben. Eine Krankenschwester fand ihn angeblich schlafend auf einem Stuhl, den Rosenkranz noch um die Finger gewickelt. Diese Details zeichnen das Bild eines Mannes, der völlig im Gebet aufging.
Die symbolische Bedeutung geht über die Anekdote hinaus. Alfonso verkörpert eine späte Berufung, die er ohne Bitterkeit angenommen hat. Er beweist, dass ein im hohen Alter ausgeübtes Priestertum ebenso strahlend sein kann wie ein fünfzigjähriges Amt. Seine materielle Armut setzt einen ansteckenden spirituellen Reichtum frei. Seine Demut entwaffnet, sein Zuhören heilt. Diese Eigenschaften begründen seine Anerkennung als ehrwürdig.
Die Unterscheidung zwischen Faktischem und Legendärem bleibt eine heikle Angelegenheit. Die Zeugnisse stimmen in den wesentlichen Punkten überein: Einfachheit, Verfügbarkeit, intensives Gebet. Die erzählerischen Ausschmückungen verstärken dies, ohne es zu verzerren. Alfonso Ugolini bleibt der Priester, der sein ganzes Leben darauf wartete, seinen Dienst in vollem Umfang zu erfüllen und das Warten in eine fruchtbare Vorbereitung verwandelte.
Spirituelle Botschaft
Alfonso Ugolini lehrt aktive Geduld angesichts der Wendungen des Lebens. Seine späte Priesterweihe beweist, dass Gott unsere menschlichen Rhythmen, unsere Schwächen und unsere schwierigen Umstände respektiert. Warten bedeutet nicht Aufgeben. Jeder Schritt bereitet den nächsten vor, selbst im Dunkeln. Seine tägliche Treue zum Mariengebet, sein weltliches Engagement für das Priesteramt, seine freiwillige Armut – all das prägt den zukünftigen Pfarrer.
Das heutige Evangelium lädt uns zum Vertrauen ein. Wie ein in die Erde gesäter Samen reift eine Berufung unsichtbar heran, bevor sie keimt. Alfons zeigt, dass das Alter zu einer Zeit intensivsten Dienstes werden kann. Seine Bereitschaft im Beichtstuhl offenbart eine Gnade: Das Alter befreit uns von Ambitionen und öffnet uns für reines Zuhören. Das konkrete Bild, das sich daraus ergibt: ein alter Priester, der stundenlang im Dunkeln sitzt, müde jede menschliche Wunde annimmt und so die göttliche Barmherzigkeit verkörpert.
Gebet
Herr, schenke uns durch die Fürsprache des ehrwürdigen Alfonso Ugolini die Geduld deines Geistes.
Gib uns die Fähigkeit, unseren Erwartungen ohne Verzweiflung entgegenzutreten und deine Rufe in den Wendungen der Geschichte zu erkennen.
Lehre uns, auch im hohen Alter demütig zu dienen.
Möge unser Alter fruchtbar und frei von Eitelkeiten sein. Stärke unsere tägliche Treue zum Gebet.
Öffnen Sie unsere Ohren für die Not anderer.
Mach uns zu Werkzeugen Deiner Barmherzigkeit, einfach und verfügbar.
Mögen wir, Alfonsos Beispiel folgend, jeden Bruder als Gnade willkommen heißen.
Amen.
Heute leben
- Verbringen Sie zehn Minuten damit, den Rosenkranz zu beten und über eine persönliche Erwartung zu meditieren, die Sie Maria anvertrauen.
 - Besuchen Sie eine isolierte ältere Person oder rufen Sie einen geliebten Menschen an, der eine schwierige Zeit durchmacht, um ihm wirklich zuzuhören.
 - Wenn Sie Zugang zum Sakrament der Versöhnung haben, empfangen Sie es mit Vertrauen oder prüfen Sie Ihr Gewissen in einem bestimmten Punkt
 
Erinnerung
Alfonso Ugolini ruht auf dem Friedhof von Sassuolo, einer kleinen italienischen Stadt in der Emilia-Romagna. Sein Grab zieht Pilger und Gläubige aus der Umgebung an, die für späte Berufungen beten. Im Marienheiligtum von Fiorano Modenese, wo er stundenlang in Anbetung verbrachte, sind einige persönliche Gegenstände erhalten: sein abgenutzter Rosenkranz, ein kommentiertes Messbuch und ein Foto vom Tag seiner Priesterweihe.
In Thionville, seiner Heimatstadt, gibt es noch keine offizielle Gedenkstätte. Einige italienische Nachkommen bewahren das Andenken der Familie. In der Kirche Sainte-Jeanne-d'Arc, in der Nähe des Arbeiterviertels, in dem er aufwuchs, könnte eine Gedenktafel angebracht werden. Der Diözesanverband Metz prüft diese Möglichkeit.
In Italien schreitet der Seligsprechungsprozess voran. Der Postulator hat 120 schriftliche Zeugenaussagen gesammelt. Mehrere angebliche Wunder sind Gegenstand medizinischer Untersuchungen. Eine ausführliche Biografie in italienischer Sprache, erschienen 2021, dokumentiert seinen Weg im Detail.
Liturgie
- Lesungen: Römer 8,18-25 (die zuversichtliche Erwartung der Schöpfung); Lukas 13,18-21 (das Königreich wächst unsichtbar)
 - Lied: „Bleib bei uns, Herr“ oder „Maria, zärtliche Mutter“, um ihre tiefe Marienverehrung zu ehren
 

