„Er erwählte zwölf von ihnen und nannte sie Apostel“ (Lukas 6:12-19)

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Evangelium Jesu Christi nach Lukas

Damals,
Jesus ging auf den Berg, um zu beten.
und er verbrachte die ganze Nacht damit, zu Gott zu beten.
    Wenn der Tag kommt,
Er rief seine Jünger und wählte zwölf von ihnen aus
denen er den Namen Apostel gab:
    Simon, dem er den Namen Petrus gab,
André, sein Bruder,
Jacques, Jean, Philippe, Barthélemy,
    Matthäus, Thomas,
Jakobus, Sohn des Alphäus,
Simon, genannt der Zelot,
    Judas, Sohn des Jakobus,
und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde.

    Jesus kam mit ihnen vom Berg herunter
und auf ebenem Boden angehalten.
Es waren viele seiner Jünger dort
und eine große Menge von Menschen
kamen aus ganz Judäa, aus Jerusalem,
und die Küste von Tyrus und Sidon.
    Sie waren gekommen, um ihn zu hören
und von ihren Krankheiten geheilt werden;
diejenigen, die von unreinen Geistern gequält wurden
waren dabei, ihre Gesundheit wiederzuerlangen.
    Und die ganze Menge wollte ihn berühren,
weil eine Kraft aus ihm herauskam
und heilte sie alle.

     – Lasst uns das Wort Gottes bejubeln.

Zwölf auswählen, um die Welt zu verändern: Die Nacht des Gebets, die die Kirche gründete

Wie Jesus uns lehrt, unsere Missionen zu erkennen und durch die Wahl der Apostel Missionsgemeinschaften zu bilden.

In der Dunkelheit eines Berges in Galiläa verbrachte Jesus eine ganze Nacht im Gebet, bevor er die entscheidende Tat seines irdischen Wirkens vollzog: Er wählte zwölf gewöhnliche Männer für eine außergewöhnliche Mission aus. Dieser Bericht aus Lukas 6,12-19 offenbart weit mehr als nur eine bloße Namensliste. Er skizziert eine Methode der Unterscheidung, eine Missionspädagogik und ein jahrhundertealtes Kirchenmodell. Diese Passage des Evangeliums lädt uns ein zu verstehen, wie unsere eigenen Lebensentscheidungen, unser Engagement und unsere Zusammenarbeit im Gebet verwurzelt sein und Früchte für das Reich Gottes tragen können.

Wir untersuchen zunächst den historischen und literarischen Kontext dieser lukanischen Passage, bevor wir die narrative Struktur der Wahl der Zwölf analysieren. Anschließend untersuchen wir drei grundlegende Dimensionen: das Gebet als Grundlage der Unterscheidung, die Vielfalt als reiche Gemeinschaft und die Mission als natürliche Folge der Berufung. Abschließend untersuchen wir, wie diese Lehren in unserem persönlichen, familiären, beruflichen und kirchlichen Leben konkret umgesetzt werden, bevor wir eine praktische Meditation und ein liturgisches Gebet anbieten, die von diesem Text inspiriert sind.

„Er erwählte zwölf von ihnen und nannte sie Apostel“ (Lukas 6:12-19)

Kontext: Ein entscheidender Moment im Lukasevangelium

Der Bericht von der Wahl der Zwölf nimmt im Lukasevangelium eine strategische Stellung ein. Er steht in Kapitel 6 und markiert einen entscheidenden Übergang zwischen der Anfangsphase von Jesu Wirken in Galiläa und der unmittelbar darauf folgenden großen Rede: der Feldrede, dem lukanischen Pendant zur Bergpredigt des Matthäus. Lukas, der Evangelist der Barmherzigkeit und des Gebets, gestaltet seine Erzählung mit bemerkenswerter theologischer Intentionalität.

Vor diesem Abschnitt hatte Jesus bereits zahlreiche Wunder vollbracht, in Synagogen gelehrt und seine ersten Jünger an den See Genezareth gerufen. Er hatte die Begeisterung der Menge, aber auch den Widerstand der Schriftgelehrten und Pharisäer geweckt. Es war an der Zeit, seiner Bewegung Struktur zu verleihen und dem, was eine vorübergehende Begeisterung bleiben konnte, eine feste Form zu geben. Die Wahl der Zwölf entsprach diesem Bedürfnis, eine dauerhafte Gemeinschaft zu gründen, die seine Mission über seine physische Präsenz hinaus ausdehnen konnte.

Der Berg ist in der biblischen Tradition nie nur ein geographischer Ort. Er erinnert unmittelbar an den Sinai, wo Mose die Gesetze empfing, an den Horeb, wo Elias die Stimme Gottes flüsternd hörte, und an den Karmel, wo derselbe Elias den Baalspropheten gegenübertrat. Indem er den Berg besteigt, stellt sich Jesus in diese prophetische Linie. Er zieht sich aus dem Getümmel der Städte und Menschenmengen zurück, um in die Nähe des Vaters zu gelangen. Die ganze Gebetsnacht, die Lukas ausdrücklich erwähnt, ist ein für diesen Evangelisten einzigartiges Detail und unterstreicht die zentrale Bedeutung der bevorstehenden Entscheidung.

Bei Tagesanbruch kommt Jesus wieder herab, aber nicht allein. Er ruft seine Jünger, viele in dieser Phase seines Dienstes, und wählt aus ihnen zwölf aus. Das griechische Verb, das er verwendet, eklegomai, bedeutet wörtlich „selbst wählen“, „erwählen“. Es ist kein Zufall, dass diese Zwölf den Namen Apostel erhalten, apostoloi Im Griechischen bedeutet es „Gesandte“. Sie werden nicht auserwählt, um bei Jesus in passiver Kontemplation zu bleiben, sondern um auf eine Mission geschickt zu werden. Die Zahl Zwölf steht offensichtlich für die zwölf Stämme Israels und zeigt, dass Jesus das neue Volk Gottes, das wiederhergestellte und vergrößerte Israel, darstellt.

Die folgende Namensliste verdient besondere Aufmerksamkeit. Lukas listet nicht einfach kalt zwölf Identitäten auf. Er nennt bestimmte aufschlussreiche Details: Simon wird zu Petrus, dem Felsen, auf dem die Kirche gebaut wird; Simon der Zelot trägt einen Spitznamen, der an seine frühere Mitgliedschaft in einer revolutionären Bewegung erinnert; Judas Iskariot wird sofort als derjenige dargestellt, „der zum Verräter wurde“, eine dramatische Vorwegnahme, die einen Schatten auf das Ganze wirft. Diese Männer stammen aus unterschiedlichsten Verhältnissen, haben unterschiedliche Temperamente und verkörpern manchmal gegensätzliche Empfindungen.

Nach der Szene der Wahl steigt Jesus auf eine Ebene hinab, wo sich Jünger und Menschenmengen aus der ganzen Region versammeln. Diese symbolische Geographie ist beredt: der Berg für Gebet und Unterscheidung, die Ebene für Lehre und Heilung. Die Vertikalität der Beziehung zu Gott geht der Horizontalität der Mission an die Menschheit voraus und nährt sie. Die Heilungen und Exorzismen, die den Übergang abschließen, offenbaren die Kraft, die in Jesus wohnt und die er bald mit den Zwölf teilen wird.

Analyse: drei Bewegungen einer einzigen Gründungsgeste

Der lukanische Bericht über die Erwählung der Apostel folgt einer dreiteiligen Erzählstruktur, die eine sorgfältige Analyse verdient. Erster Satz: der Aufstieg im einsamen Gebet. Zweiter Satz: die Wahl und Berufung der Zwölf. Dritter Satz: der Abstieg zur Menge für die Mission. Diese Abfolge von Aufstieg, Erwählung und Abstieg bildet das Paradigma jeder echten christlichen Berufung.

Jesu Nachtgebet auf dem Berg ist kein anekdotisches Detail, das Lukas der malerischen Darstellung wegen hinzufügen würde. Es enthüllt das Geheimnis jeder wahren Unterscheidung. Obwohl Jesus der Sohn Gottes ist, verzichtet er nicht auf eine ausführliche Beratung mit dem Vater, bevor er eine wichtige Entscheidung trifft. Diese Nacht des Dialogs mit Gott geht dem Tag des Handelns voraus. In der christlichen spirituellen Tradition wird dieser Vorrang des kontemplativen Gebets vor dem apostolischen Engagement zu einer Konstante. Jahrhunderte später wird Ignatius von Loyola es zum Kern seiner Pädagogik der Unterscheidung der Geister machen.

Der Akt der Auswahl selbst verdient eine nähere Betrachtung. Jesus „rief seine Jünger“, wobei dieser Plural darauf hinweist, dass ihm bereits eine größere Gruppe folgte. Aus dieser ersten Gruppe von Jüngern „wählte er zwölf aus“. Der Text sagt nicht, nach welchen Kriterien, erwähnt keine Eignungstests, keine Einstellungsgespräche. Dieses Schweigen ist beredt: Die Auswahl ist rein göttlicher Initiative, sie ist nicht durch frühere menschliche Verdienste gerechtfertigt. Petrus ist impulsiv, Thomas skeptisch, Matthäus ein verhasster ehemaliger Steuereintreiber, Simon ein ehemaliger aufrührerischer Eiferer, Judas ein zukünftiger Verräter. Jesus wählt keine perfekten Männer aus, sondern verfügbare Männer, die er nach und nach ausbilden wird.

Die Namensliste fungiert als Mikrokosmos der Menschheit. Sie umfasst Brüder (Simon Petrus und Andreas, Jakobus und Johannes), Männer unterschiedlicher Berufe (Fischer, Zöllner) und unterschiedlicher politischer Gesinnung (den revolutionären Eiferer und Matthäus, Kollaborateur der römischen Macht). Diese Vielfalt ist kein Zufall, sondern bewusst gewählt. Jesus bildet eine heterogene Gemeinschaft und nimmt die universale Kirche vorweg, die alle Nationen, Kulturen und sozialen Verhältnisse willkommen heißt. Die Einheit dieser Gemeinschaft beruht nicht auf soziologischer Homogenität, sondern auf der gemeinsamen Berufung Christi.

Der Name „Apostel“, den Jesus ihnen gibt, definiert ihre tiefste Identität. Sie sind keine Jünger im herkömmlichen Sinne, also keine Schüler, die einem Meister folgen, um passiv zu lernen. Sie sind gesandt, beauftragt und bevollmächtigt. Ihre Ausbildung bei Jesus zielt auf die spätere Entfaltung seines Werkes ab. Diese apostolische, missionarische Dimension macht die Kirche nicht zu einem geschlossenen Club der Privilegierten, sondern zu einer dynamischen, der Welt zugewandten Bewegung.

„Er erwählte zwölf von ihnen und nannte sie Apostel“ (Lukas 6:12-19)

Das Gebet als Grundlage der Unterscheidung und der Mission

Kehren wir zur ersten grundlegenden Dimension zurück: der Nacht des Gebets, die der Entscheidung vorausgeht. Lukas schreibt wörtlich, dass Jesus „die ganze Nacht im Gebet zu Gott verbrachte“. Diese zeitliche Betonung („die ganze Nacht“) und diese Präzision des Adressaten („Gott“) sind nicht überflüssig. Sie unterstreichen die Intensität und Ausschließlichkeit dieses Gebets. Jesus betet nicht ein paar Stunden vor dem Schlafengehen; er widmet diesem Gebet die ganze Nacht. Er zieht sich nicht einfach zurück, um allein nachzudenken; er führt einen Dialog mit dem Vater.

Dieses lange Gebet lehrt uns, dass die wichtigen Entscheidungen in unserem Leben, die unsere Zukunft und die anderer betreffen, viel Zeit in Gottes Gegenwart erfordern. Unsere heutige Kultur legt Wert auf Schnelligkeit, Effizienz und sofortige Entscheidungsfindung. Jesus zeigt uns einen anderen Weg: uns Zeit zu nehmen, uns vom Lärm zurückzuziehen, in die Stille einzutreten und auf die Stimme des Geistes zu hören. Echtes Urteilsvermögen kann nicht in Eile oder Aufregung erreicht werden.

Der Berg als Ort dieses Gebets ist kein Zufall. Es erfordert körperliche Anstrengung, eine Abkehr vom Alltag, eine symbolische Erhebung zu Gott. Den Berg zu besteigen bedeutet, die Bequemlichkeit der Ebene und die Horizontalität der alltäglichen Beschäftigungen aufzugeben, um in die Vertikalität der Begegnung mit dem Allerhöchsten einzutreten. Diese spirituelle Geographie gilt auch heute noch: Die Erkenntnis erfordert die Schaffung von Räumen des Rückzugs, von Zeiten der Stille und von Orten, die der Innerlichkeit förderlich sind.

Die Dauer der Nacht fügt eine zusätzliche Dimension hinzu. Die Nacht ist die Zeit des reinen Glaubens, in der unsere sinnlichen Gewissheiten schwinden, in der wir vertrauen müssen, ohne klar zu sehen. Johannes vom Kreuz spricht von der „dunklen Nacht“ als einem Ort der Reinigung und mystischen Begegnung. Jesus nimmt sich dieser Nacht an, dieser scheinbaren Unproduktivität, dieser Aussetzung sichtbaren Handelns. Er lehrt uns, dass aus dieser scheinbaren Sterilität des nächtlichen Gebets apostolische Fruchtbarkeit erwächst. Wie viele Berufungen, wie viele Missionswerke sind in solchen stillen Wachen entstanden!

Dieses Gebet Jesu vor der Wahl der Zwölf begründet ein beständiges kirchliches Prinzip: Jede Ernennung, jede Wahl, jede Auswahl von Führungspersönlichkeiten in der Kirche muss im gemeinschaftlichen und persönlichen Gebet verwurzelt sein. Die Apostelgeschichte erinnert mehrfach daran: Bevor Matthias als Nachfolger von Judas gewählt wird, betet die Gemeinde; bevor Paulus und Barnabas auf Mission geschickt werden, fastet und betet die Kirche von Antiochia; bevor die Ältesten in den entstehenden Gemeinden ordiniert werden, beten Paulus und Barnabas mit Fasten.

Für unser praktisches Leben ist diese Lektion von entscheidender Bedeutung. Bevor wir uns für einen Lebensstand, einen Beruf, ein Vereins- oder kirchliches Engagement entscheiden, bevor wir eine Verantwortung übernehmen oder sie jemandem anvertrauen, sind wir eingeladen, Jesus nachzuahmen, indem wir uns ausreichend Zeit zum Beten nehmen. Nicht, um Gott zu manipulieren oder spektakuläre Zeichen zu erhalten, sondern um unseren Willen mit seinem in Einklang zu bringen, unsere Beweggründe zu reinigen und uns für das Unerwartete auf seinen Wegen zu öffnen.

Vielfalt als Reichtum und Herausforderung für die apostolische Gemeinschaft

Die Liste der Zwölf Apostel besticht durch ihre Heterogenität. Sie stellt Figuren gegenüber, die scheinbar gegen alles sind: Simon der Zelot, Mitglied einer radikalen nationalistischen Bewegung, die einen bewaffneten Aufstand gegen Rom befürwortete, und Matthäus der Zöllner, ein Steuereintreiber, der mit den römischen Besatzern kollaborierte. Wie können wir uns vorstellen, dass diese beiden Männer mit diametral entgegengesetzten politischen Überzeugungen am selben Tisch, an derselben Mission und in derselben Lebensgemeinschaft zusammenleben könnten? Doch Jesus erwählte sie beide und setzte auf die einigende Kraft seiner Berufung.

Diese Vielfalt ist kein Kompromiss und kein Rekrutierungsfehler. Sie offenbart eine tiefe theologische Absicht: Das Evangelium überwindet menschliche Spaltungen, ohne sie zu leugnen. Jesus fordert Simon nicht auf, sein Eifererdasein aufzugeben, und Matthäus nicht, seine Vergangenheit als Zöllner zu vergessen. Er standardisiert sie nicht, formatiert sie nicht nach einem einzigen Modell. Er nennt sie, wie sie sind, mit ihrer Geschichte, ihrem Temperament, ihren Wunden, ihren Eigenschaften und ihren Fehlern. Die Gnade zerstört die Natur nicht; sie nimmt sie an und verwandelt sie allmählich.

Unter den Zwölf gibt es auch viele Brüder: Simon Petrus und Andreas, Jakobus und Johannes. Diese familiären Bindungen schaffen Solidarität, können aber auch Rivalitäten hervorrufen. Später in den Evangelien sehen wir die Söhne des Zebedäus, Jakobus und Johannes, die die ersten Plätze im Königreich beanspruchen und damit den Unmut der anderen Zehn erregen. Jesus scheut sich nicht, diese potenziellen Spannungen innerhalb der apostolischen Gruppe zu integrieren. Er macht ihre Führung zu einer Lehre in brüderlicher Nächstenliebe und Demut.

Besonders beunruhigend ist die Anwesenheit von Judas Iskariot auf der Liste. Lukas bezeichnet ihn sofort als „denjenigen, der zum Verräter wurde“ und nimmt damit das Drama der Passion vorweg. Warum wählte Jesus einen Mann, von dem er wusste, dass er ihn verraten würde? Diese Frage beschäftigt Theologen seit Jahrhunderten. Eine mögliche Antwort: Judas war nicht zum Bösen vorherbestimmt; er wählte seinen Weg frei. Jesus rief ihn authentisch und bot ihm dieselbe Gnade an wie anderen. Das Geheimnis der menschlichen Freiheit und ihrer möglichen Ablehnung bleibt ungelöst.

Diese Vielfalt der Zwölf weist bereits auf die Universalität der Kirche hin. Von Anfang an ist die christliche Gemeinschaft dazu berufen, ethnische, soziale, kulturelle und politische Schranken zu überwinden. Paulus drückte dies eindrucksvoll aus: „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“ (Gal 3,28). Diese Einheit in der Vielfalt, diese Gemeinschaft in der Pluralität ist das bleibende Wunder der Kirche, ein Zeichen der Gegenwart des Heiligen Geistes.

Für unsere Pfarrgemeinden, unsere kirchlichen Bewegungen und unsere heutigen apostolischen Teams ist diese Lehre nach wie vor von brennender Bedeutung. Sind wir in der Lage, Unterschiede nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu begrüßen? Akzeptieren wir, dass Menschen mit unterschiedlichen politischen, liturgischen und spirituellen Empfindungen in derselben Mission zusammenarbeiten? Oder streben wir nach homogenen Gruppen, in denen alle gleich denken? Jesu Entscheidung ist eine Herausforderung für uns: Er wollte eine vielfältige Gemeinschaft, ein Zeichen dafür, dass die Einheit der Christen nicht auf Uniformität, sondern auf gegenseitiger Liebe beruht.

Mission als natürliche Folge von Berufung und Ausbildung

Unmittelbar nach der Auswahl und Ernennung der Zwölf „stieg Jesus mit ihnen vom Berg herab und stellte sich auf eine ebene Fläche“. Dieser Abstieg ist nicht einfach eine geographische Rückkehr; er symbolisiert die Missionsbewegung. Vom Berg des Gebets zur Ebene des Handelns, von Angesicht zu Angesicht mit Gott zur leidenden Menschheit – der Weg ist direkt. Kontemplation führt zur Mission, und das innere Leben nährt das äußere Engagement.

Auf dieser Ebene versammelten sich „eine große Zahl Jünger und eine große Volksmenge aus ganz Judäa und Jerusalem sowie aus der Gegend von Tyrus und Sidon“. Lukas betont die geographische Reichweite dieses Zustroms: ganz Palästina, aber auch die benachbarten heidnischen Gebiete (Tyrus und Sidon). Schon vor dem nachösterlichen Missionarsaufmarsch war die Universalität des Rufes deutlich erkennbar. Die Menschenmengen „kamen, um ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden“. Lehre und Heilung gehen Hand in Hand, Wort und Zeichen sind miteinander verbunden.

Jesus heilt Kranke, treibt unreine Geister aus, und „eine Kraft ging von ihm aus und heilte alle“. Diese von Jesus ausgehende Kraft wird bald auch von den Zwölf geteilt. In den folgenden Kapiteln des Lukasevangeliums schickt Jesus zunächst die Zwölf auf eine Mission mit Macht über Dämonen und der Fähigkeit, Krankheiten zu heilen (Lukas 9), dann die zweiundsiebzig Jünger (Lukas 10). Die Mission ist nicht einer klerikalen Elite vorbehalten, sondern wird nach und nach auf die gesamte Gemeinde ausgeweitet.

Diese missionarische Logik ist im Namen der Apostel selbst verankert. Apostel sein heißt, gesandt zu werden. Die Zwölf wurden nicht auserwählt, um eine privilegierte geistliche Aristokratie zu bilden, sondern um das Evangelium bis an die Enden der Erde zu tragen. Nach der Auferstehung beauftragte Jesus sie ausdrücklich: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ (Mk 16,15). Diese universale Sendung entspringt der ursprünglichen Entscheidung auf dem Berg.

Jesu Lehrmethode verdient Beachtung. Er schickt sie nicht sofort auf eine eigenständige Mission. Er bildet sie zunächst aus, nimmt sie mit auf seine Reise, lehrt sie schrittweise und korrigiert sie geduldig. Petrus leugnet, Thomas zweifelt, Jakobus und Johannes streben nach den Spitzenpositionen und alle fliehen während der Verhaftung. Jesus weist sie jedoch nicht zurück. Er führt seine Ausbildung konsequent fort und stirbt sogar für sie, bevor er wieder aufersteht, um sie endgültig in ihrer Mission zu bestärken.

Diese göttliche Geduld mit unvollkommenen Mitarbeitern tröstet und ermutigt. Wir sind nicht dazu berufen, vollkommen zu sein, bevor wir Missionare werden. Wir kommen voran, indem wir die Mission annehmen und trotz unserer Schwächen voranschreiten. Die Kirche, der Leib Christi, der seine Mission über die Jahrhunderte hinweg fortsetzt, besteht aus vergebenen Sündern, nicht aus vollkommenen Heiligen. Unsere Mission beruht nicht auf unseren Verdiensten, sondern auf der Gnade, die uns vorausgeht und begleitet.

„Er erwählte zwölf von ihnen und nannte sie Apostel“ (Lukas 6:12-19)

Die Entscheidung der Apostel heute leben

Welchen Einfluss hat diese alte Geschichte auf unser heutiges Leben? Wie kann Jesu Wahl der Zwölf unsere eigenen Lebensentscheidungen, unsere Verpflichtungen und unsere Beziehungen beeinflussen? Drei Anwendungsbereiche verdienen eine nähere Betrachtung: der persönliche, der gemeinschaftliche und der kirchliche.

Auf persönlicher Ebene lädt uns der Text ein, unsere Art, wichtige Entscheidungen zu treffen, zu überdenken. Wie oft wählen wir unseren Berufsweg, unseren Ehepartner, unseren Wohnort, unser gesellschaftliches Engagement, ohne wirklich gebetet zu haben? Wir konsultieren Freunde und Berater, wägen rational die Vor- und Nachteile ab, hören auf unsere Gefühle – all das ist legitim. Aber nehmen wir uns die Zeit, den Berg zu besteigen, eine Nacht im Gebet zu verbringen und unsere Pläne Gott zu unterbreiten? Das spirituelle Leben ist kein von unseren konkreten Entscheidungen getrenntes Gebiet. Es muss all unsere Entscheidungen bewässern und leiten.

Konkret kann dies bedeuten, vor jeder wichtigen Entscheidung eine Zeit der Einkehr zu schaffen. Nicht unbedingt eine ganze Nacht auf einem Berg im wörtlichen Sinne, aber ausreichend Zeit für stilles Gebet, Bibellesen und die friedliche Auseinandersetzung mit Gottes Willen. Klöster und spirituelle Zentren bieten Möglichkeiten für solche Momente der Einkehr. Ein Tag, ein Wochenende, eine Woche der Stille können unsere Perspektive verändern und unseren Weg klären.

Auf Gemeindeebene hinterfragt die Geschichte unsere Art, Teams, Gruppen und Vereine zu bilden. Neigen wir zu beruhigender Homogenität oder akzeptieren wir bereichernde Vielfalt? Heißen wir in unseren Gemeinden Jung und Alt, Progressive und Konservative, Emotionale und Rationalisierte mit der gleichen Freundlichkeit willkommen? Oder bilden wir Clans, die sich gegenseitig ignorieren oder kritisieren? Das Modell der Zwölf fordert uns heraus: Jesus wollte eine vielfältige Gemeinschaft, er ruft uns zu derselben Großzügigkeit auf.

Diese Offenheit erfordert ständige Schulung und Bekehrung. Es geht nicht darum, die Wahrheit zu relativieren oder unsere Überzeugungen aufzugeben, sondern darum, zu lernen, brüderlich mit Andersdenkenden zu kommunizieren. Schaffen wir in unseren christlichen Arbeitsgruppen, in unseren apostolischen Bewegungen Räume des gegenseitigen Zuhörens, des Austauschs über Unterschiede und der friedlichen Konfliktlösung? Oder lassen wir zu, dass Spannungen so weit eskalieren, dass sie zerbrechen?

Auf kirchlicher Ebene stellt der Text unsere gemeinschaftliche Praxis der Entscheidungsfindung in Bezug auf Ernennungen und Missionen in Frage. Wenn eine Pfarrei Katecheten ernennen muss, wenn eine Diözese einen Pfarrer ernennen muss, wenn eine Gemeinde einen Oberen wählen muss, geht dann wirklich das gemeinschaftliche Gebet dem Prozess voraus und begleitet ihn? Oder begnügen wir uns mit Verwaltungsverfahren und politischem Kalkül? Jesu Lehre ist klar: Geh zuerst auf den Berg, bete lange und entscheide dann im Licht des Geistes.

Tradition und biblische Quellen

Jesu Erwählung der Zwölf nach einer Nacht des Gebets ist Teil einer langen biblischen Tradition göttlicher Berufungen, denen Zeiten spiritueller Vorbereitung vorausgingen. Moses verbrachte vierzig Tage und vierzig Nächte auf dem Berg Sinai, bevor er die Gesetzestafeln empfing. Elia wanderte vierzig Tage und vierzig Nächte zum Horeb, wo Gott sich im Flüstern einer sanften Brise offenbarte. Jesus selbst fastete vierzig Tage in der Wüste, bevor er sein öffentliches Wirken begann. Diese wiederkehrende lange Zeit der Vorbereitung vor dem Handeln offenbart eine konstante göttliche Pädagogik.

Die Zahl Zwölf ist keineswegs willkürlich, sondern erinnert an die zwölf Söhne Jakobs, die Vorfahren der zwölf Stämme Israels. Mit der Wahl der zwölf Apostel signalisiert Jesus, dass er das Volk Gottes wiederherstellt und den von den Propheten angekündigten neuen Bund gründet. Jeremia hatte prophezeit: „Siehe, es kommt die Zeit, da schließe ich mit dem Haus Israel einen neuen Bund“ (Jer 31,31). Jesus ist es, der diesen neuen Bund gründet, indem er die zwölf Säulen des neuen lebendigen Tempels, der Kirche, um sich versammelt.

Die Kirchenväter haben ausführlich über diese Passage meditiert. Der heilige Augustinus betont, dass Jesus die ganze Nacht gebetet hat, „um uns zu lehren, nichts Wichtiges zu unternehmen, ohne vorher lange gebetet zu haben“. Er fügt hinzu: „Wenn der Sohn Gottes beten musste, bevor er eine Entscheidung treffen konnte, wie viel mehr müssen wir Sünder zum Gebet greifen!“ Diese Logik der Vorbildlichkeit ist zentral: Jesus handelt nicht aus persönlicher Notwendigkeit, sondern um uns den Weg zu zeigen.

Der heilige Johannes Chrysostomus betont in seinen Predigten über Matthäus die Vielfalt der Apostel: „Christus erwählte Fischer, einen Zöllner und einen Eiferer, um zu zeigen, dass sein Reich keiner bestimmten sozialen Schicht gehört, sondern allen offen steht.“ Er sieht in dieser Vielfalt eine Prophezeiung der universalen Kirche, in der sich alle Völker versammeln werden. Die Gemeinschaft der Zwölf, trotz ihrer Unterschiede, ist ein Vorbote der Gemeinschaft der Heiligen über Jahrhunderte und Kontinente hinweg.

Die monastische Tradition hat das von Jesus auf dem Berg eingeführte Nachtgebet besonders geschätzt. Die Vigilgottesdienste, bei denen die Mönche mitten in der Nacht zum Singen der Psalmen geweckt werden, wurzeln in dieser Praxis des Herrn. Der heilige Benedikt schreibt in seiner Regel diesen Nachtgottesdienst als Höhepunkt des Klosterlebens vor, eine Zeit, in der man mit Christus in Erwartung seiner Wiederkunft wacht.

Große spirituelle Persönlichkeiten haben diese Gebetsnacht als Vorbild der Kontemplation betrachtet. Johannes vom Kreuz sieht darin ein Bild mystischer Reinigung, Teresa von Avila ein Beispiel rednerischer Beharrlichkeit, Ignatius von Loyola ein Paradigma der Unterscheidung der Geister. Alle stimmen in einer Wahrheit überein: Apostolische Fruchtbarkeit entspringt der kontemplativen Tiefe. „Contemplata aliis tradere“, sagte Thomas von Aquin: Gib die Früchte deiner Kontemplation an andere weiter.

Meditation: Eine persönliche Mahnwache der Unterscheidung

Um die Lehren aus Lukas 6,12-19 existentiell zu integrieren, hier ein Vorschlag für eine persönliche Mahnwache, die Sie an Ihre Situation anpassen können. Wählen Sie einen entscheidenden Moment in Ihrem Leben, in dem Sie eine wichtige Entscheidung treffen oder eine Berufung erkennen müssen. Nehmen Sie sich einen Abend und eine Nacht oder zumindest mehrere aufeinanderfolgende Stunden Zeit.

Materialvorbereitung Suchen Sie sich einen Ort, der Stille und Gebet ermöglicht. Das kann eine Kapelle, ein ruhiger Raum in Ihrem Zuhause oder ein Betsaal sein. Nehmen Sie eine Bibel, ein Notizbuch und etwas zum Schreiben mit. Schalten Sie alle elektronischen Geräte aus, die Sie ablenken könnten. Schaffen Sie einen schönen, schlichten Raum, vielleicht mit einer Ikone, einer Kerze oder natürlichen Elementen, die an den Berg im Evangelium erinnern.

Erstes Mal – Symbolischer Aufstieg Lesen Sie Lukas 6,12-19 langsam. Stellen Sie sich vor, Sie begleiten Jesus bei seinem nächtlichen Aufstieg auf den Berg. Welche Gefühle, Fragen und Widerstände tauchen in Ihnen auf? Schreiben Sie sie wertfrei auf. Dieser erste Schritt dauert etwa 30 Minuten.

Zweites Mal – Eröffnungsgebet : Sprechen Sie spontan und offen über Ihre Entscheidung und die Notwendigkeit, zu erkennen. Suchen Sie noch nicht nach einer Antwort, sondern schildern Sie demütig Ihre Situation. Erkennen Sie, dass Sie göttliche Hilfe brauchen und nicht in der Lage sind, selbst klar zu sehen. Beten Sie mit den Bittpsalmen, insbesondere Psalm 25, 27 oder 139. Diese Zeit dauert etwa 45 Minuten.

Drittes Mal – Meditatives Zuhören Lesen Sie die Passage aus Lukas noch einmal ganz langsam, Vers für Vers. Lassen Sie die Worte, Bilder und Gesten Jesu nachklingen. Identifizieren Sie sich abwechselnd mit dem betenden Jesus, den wartenden Jüngern und den auserwählten Zwölf. Welche persönliche Berufung spüren Sie? Welches neue Licht auf Ihre Situation? Schreiben Sie Ihre Intuitionen in Ihr Notizbuch. Diese Zeit kann ein bis zwei Stunden dauern.

Viertes Mal – Fürbitte und Schweigen : Beten Sie für alle, die an Ihrer Entscheidung beteiligt sind. Wenn es eine Lebensentscheidung ist, beten Sie für Ihren zukünftigen Ehepartner, auch wenn Sie ihn noch nicht kennen. Wenn es eine Verpflichtung ist, beten Sie für diejenigen, mit denen Sie zusammenarbeiten werden. Verweilen Sie anschließend in einer langen Stille, in der Sie einfach in Gottes Gegenwart verweilen, ohne Worte, in reiner Verfügbarkeit. Diese Stille kann mehrere Stunden dauern.

Fünfter Schritt – Korrekturlesen und Bestätigung : Überprüfen Sie am Ende Ihrer Nachtwache Ihre Notizen. Erkennt sich eine Richtung? Ist innere Ruhe eingekehrt? Erzwingen Sie nichts; akzeptieren Sie, dass die Erkenntnis mehrere aufeinanderfolgende Nachtwachen erfordern kann. Beenden Sie die Nachtwache mit einem Vaterunser und einem Loblied. Planen Sie, Ihren Prozess mit einem spirituellen Führer zu teilen, der Ihnen hilft, die Echtheit Ihrer Wahrnehmung zu erkennen.

Aktuelle Herausforderungen: Urteilsvermögen im Zeitalter des Dauerlärms

Unsere Zeit stellt die von Jesus gelehrte Praxis der Unterscheidung vor beispiellose Herausforderungen. Wie können wir die ganze Nacht beten, wenn unsere Smartphones uns ständig anrufen? Wie können wir den Berg der Stille erklimmen, wenn unsere modernen Städte weder wahre Nacht noch wahre Stille mehr kennen? Diese Fragen sind nicht trivial; sie berühren das Herz unseres heutigen spirituellen Lebens.

Die digitale Übervernetzung stellt ein großes Hindernis dar. Wir sind bildschirmsüchtig geworden und können ein paar Minuten ohne Angst oder Langeweile nicht ertragen. Um diese Fähigkeit wiederzuerlangen, bedarf es einer inneren Wachsamkeit, die unseren privaten Raum vor äußeren Einflüssen schützt. Um diese Fähigkeit wiederzuerlangen, sind konkrete Maßnahmen erforderlich: regelmäßige bildschirmfreie Zeiten einführen, Ruhezonen in unseren Häusern schaffen oder vielleicht sogar wöchentliche digitale Sabbate in Betracht ziehen.

Das Thema Vielfalt in unseren Gemeinden nimmt heute neue Formen an. Wie wir gesehen haben, wählte Jesus Männer mit gegensätzlichen politischen Ansichten aus. Doch wie können wir diese Offenheit in polarisierten Gesellschaften leben, in denen jeder in seiner eigenen Informationsblase gefangen ist? Wie können wir Menschen mit sehr unterschiedlichen politischen, ethischen und liturgischen Ansichten in derselben Pfarrgemeinde willkommen heißen, ohne in Relativismus oder Gleichgültigkeit zu verfallen? Die Herausforderung ist enorm und erfordert eine dauerhafte Hinwendung zu evangelischer Nächstenliebe, die legitime Unterschiede überwindet, ohne sie aufzuheben.

Die Mission selbst muss im Kontext fortschreitender Säkularisierung neu gedacht werden. Als Jesus die Zwölf aussandte, kamen sie in eine religiöse Welt, die zwar gespalten war, in der aber die Frage nach Gott weiterhin im Mittelpunkt stand. Heute werden wir im Westen oft in eine gleichgültige, mehr noch als feindselige Welt geschickt, in der Gott für viele unhörbar oder unbedeutend geworden ist. Wie können wir in diesem Kontext Apostel sein? Die Versuchung mag groß sein, auf jede explizite Verkündigung zu verzichten und uns auf stilles Zeugnis zu beschränken. Der Lukastext erinnert uns jedoch daran, dass Jesus lehrt und heilt, spricht und handelt. Christliche Mission drückt sich immer in Wort und Dienst, Verkündigung und Mitgefühl aus.

Schließlich stellt sich die Frage der Frauen. Die Zwölf sind allesamt Männer und spiegeln die palästinensische Gesellschaft des ersten Jahrhunderts wider. Doch Lukas erwähnt im folgenden Kapitel ausdrücklich weibliche Jüngerinnen, die Jesus begleiten und für ihn sorgen (Lukas 8,1-3). Die Kirche ist heute aufgerufen, die Charismen und Sendungen der Frauen voll anzuerkennen, ohne die von Christus gewollte apostolische Struktur zu verleugnen. Diese kirchliche Unterscheidung setzt sich fort und erfordert Gebet, das Hören auf den Heiligen Geist und die Treue zur lebendigen Tradition.

„Er erwählte zwölf von ihnen und nannte sie Apostel“ (Lukas 6:12-19)

Gebet: Apostelwache

Herr Jesus, Meister und Vorbild unseres Lebens, du bist auf den Berg gestiegen, um zu deinem Vater zu beten, bevor du die Zwölf erwähltest. Wir danken dir für jene Nacht des Gebets, in der deine Kirche gegründet und die apostolische Sendung eingeleitet wurde, die uns durch die Jahrhunderte überliefert wurde. Lehre uns, wie du gebetet hast – lange und inbrünstig – vor unseren wichtigen Entscheidungen.

Du, der du die Nacht im Dialog mit dem Vater verbracht hast, lehre uns, aus dem Lärm unseres Lebens herauszutreten und in die fruchtbare Stille deiner Gegenwart einzutreten. Gib uns den Mut, uns auf den Berg zurückzuziehen, fernab von Anforderungen und Aufregungen, um im Verborgenen unseres Herzens auf deine Stimme zu hören. Mögen unsere Lebensentscheidungen, unser Engagement und unsere Zusammenarbeit in diesem kontemplativen Gebet verwurzelt sein, das jedem wahren Handeln vorausgeht und es nährt.

Wir danken dir, dass du so unterschiedliche, unvollkommene und menschliche Männer erwählt hast: Simon den Impulsiven und seinen Bruder Andreas, Jakobus und Johannes, die Söhne des Donners, Philippus den Fragenden, Bartholomäus den Ehrlichen, Matthäus den bekehrten Steuereintreiber, Thomas den Skeptiker, Jakobus, den Sohn des Alphäus, Simon den Zeloten, den ehemaligen Revolutionär, Judas, den Sohn des Jakobus, und sogar Judas, der dich verraten wird. Indem du sie trotz ihrer Schwächen rufst, tröstest und ermutigst du uns: Du willst uns so, wie wir sind, mit unserer Geschichte, unseren Wunden, unseren Talenten und unseren Grenzen.

Gib uns die Möglichkeit, Vielfalt in unseren Gemeinschaften willkommen zu heißen, so wie du es für die Zwölf vorgesehen hast. Lass unsere vorschnellen Urteile, unsere subtilen Ausgrenzungen und unsere parteiischen Vorlieben ein Ende haben. Mach uns zu Baumeistern der Einheit und respektiere dabei legitime Unterschiede. Lehre uns, brüderlich mit denen zu sprechen, die anders denken als wir, friedlich mit denen zusammenzuarbeiten, die uns nerven, und diejenigen aufrichtig zu lieben, die uns Schwierigkeiten bereiten.

Wir beten für alle, die heute in deiner Kirche die Verantwortung tragen, Missionen zu ernennen, auszusenden und zu betrauen. Bischöfe, die Priester weihen, Obere, die Leiter ernennen, Gemeindepfarrer, die Katecheten auswählen – sie alle brauchen deinen Geist, um richtig zu unterscheiden. Mögen sie dein abendliches Gebet nachahmen, bevor sie entscheiden, mögen sie den Vater befragen, bevor sie handeln, mögen sie auf die Eingebungen des Geistes hören und nicht auf menschliches Kalkül.

Sende uns auf Mission, wie du die Zwölf gesandt hast. Mache uns zu wahren Aposteln, glaubwürdigen Zeugen und freudigen Dienern des Evangeliums. Möge unser ganzes Leben eine Verkündigung deiner Frohen Botschaft sein – durch unsere Worte und Taten, durch unsere Entscheidungen und Opfer, durch unsere Art zu lieben und zu vergeben. Gib uns deinen Mut, in einer oft gleichgültigen Welt Zeugnis abzulegen, deine Sanftmut, Wahrheitssucher willkommen zu heißen, deine Kraft, trotz Hindernissen durchzuhalten.

Heile unsere Gemeinschaften von ihren Spaltungen und Verhärtungen. Wie du die Kranken am Fuße des Berges geheilt hast, heile auch unsere verletzten Beziehungen, unsere Missverständnisse, unseren aufgestauten Groll. Vertreibe aus unseren Herzen die unreinen Geister des Stolzes, der Eifersucht und des weltlichen Ehrgeizes. Erwecke aus uns diese Kraft der Liebe, die heilt und besänftigt, die versöhnt und stärkt.

Wir vertrauen dir insbesondere die jungen Menschen an, die ihre Berufung suchen, die Paare, die ihren Weg finden, die Berufstätigen, die ihr Engagement hinterfragen, und die Rentner, die sich fragen, wie sie ihren Dienst fortsetzen können. Mögen sie alle mit dir den Berg erklimmen, lange zum Vater beten und dann mit Klarheit und innerem Frieden in die Ebene der Mission hinabsteigen.

Amen.

Praxis: Vom Berg in die Ebene, der Weg allen apostolischen Lebens

Die Geschichte der Erwählung der Zwölf bietet uns weit mehr als nur eine erbauliche historische Erinnerung. Sie skizziert den Weg jeder echten christlichen Berufung: zuerst den Berg des Gebets erklimmen, dort lange genug verweilen, um Gottes Ruf zu hören, und dann hinabsteigen in die Ebene der täglichen Mission. Diese Abfolge von Aufstieg, Gebet, Abstieg und Mission prägt unser Leben als Jünger, die berufen sind, Apostel zu werden.

Konkret bedeutet dies, in unserem Leben regelmäßige Rhythmen des Rückzugs und der Beschäftigung, der Kontemplation und des Handelns, der Innerlichkeit und des Dienstes zu etablieren. Ohne dieses Hin und Her zwischen Berg und Ebene, zwischen der Begegnung mit Gott und der Begegnung mit unseren Mitmenschen kann es kein intensives spirituelles Leben geben. Die Benediktinerklöster haben dies mit ihrem Motto „Ora et labora“ gut verstanden – bete und arbeite, nie das eine ohne das andere, immer nährt das eine das andere.

Der heutige Aufruf ist einfach und anspruchsvoll: Bevor Sie Ihre nächste wichtige Entscheidung treffen, besteigen Sie Ihren persönlichen Berg. Das kann eine Kapelle sein, ein Ort in der Natur, ein stilles Zimmer. Widmen Sie dort viel Zeit dem Gebet – nicht nur ein paar hastig verbrachte Minuten, sondern Stunden, vielleicht eine ganze Nacht. Teilen Sie Ihre Situation mit Gott, hören Sie auf sein Wort in der Heiligen Schrift und warten Sie geduldig auf sein Licht. Steigen Sie dann hinab und handeln Sie im inneren Frieden, der von ihm kommt.

Fördern Sie Vielfalt in Ihrem gesellschaftlichen Engagement. Suchen Sie aktiv die Gesellschaft von Menschen, die anders sind als Sie, die anders denken und aus anderen Verhältnissen kommen. Lernen Sie, wie Jesus den Eiferer und den Zöllner zusammenbrachte, freudig mit unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammenzuarbeiten. Diese kreative Reibung, wenn sie in der Nächstenliebe erlebt wird, wird Ihr Verständnis des Evangeliums bereichern und Ihr Herz weiten.

Und schließlich: Erfülle deine Mission als Apostel voll und ganz. Du bist nicht nur für dich selbst, sondern auch für andere gesandt. Dein Glaube ist ein Schatz, den du teilen kannst, deine christliche Freude ein Licht, das du ausstrahlen kannst, deine Hoffnung eine Unterstützung, die du anbieten kannst. Sei in deiner Familie, deiner Arbeit, deiner Nachbarschaft, deiner Gemeinde der demütige und eifrige Zeuge, auf den die Welt wartet. Die Ernte ist groß, die Arbeiter sind wenige. Jesus erwählt dich heute, wie er gestern die Zwölf erwählte. Antworte mit Zuversicht und Großzügigkeit.

Praktisch: sieben konkrete Maßnahmen, inspiriert von der Entscheidung der Apostel

  • Führen Sie einmal im Monat eine mindestens dreistündige Mahnwache zur persönlichen Einkehr an einem Ort durch, der der Stille und dem kontemplativen Gebet förderlich ist.
  • Nehmen Sie sich vor jeder wichtigen Entscheidung (beruflicher Wechsel, Engagement in der Gemeinde, Wahl der Ausbildung) mindestens einen Tag Zeit, um Gott Ihre Entscheidung im Gebet darzulegen.
  • Treten Sie einer ökumenischen Austauschgruppe bei oder gründen Sie eine, die Christen mit unterschiedlichen Sensibilitäten zusammenbringt, um einen brüderlichen Dialog angesichts der Unterschiede zu erlernen.
  • Identifizieren Sie konkret eine Person in Ihrer Gemeinde, mit der Sie Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit haben, und machen Sie dieser Person gegenüber drei praktische Gesten der Nächstenliebe.
  • Nehmen Sie aktiv an einem Missionsdienst in der Pfarrei teil (Katechese, Krankenbesuche, Ehevorbereitung), um Ihre apostolische Sendung konkret zu leben.
  • Organisieren Sie jährlich mit Ihrem Team oder Ihrer Bewegung einen Tag des gemeinsamen Gebets vor Terminen und Entscheidungen wichtiger pastoraler Orientierungen.
  • Meditieren Sie jeden Morgen fünf Minuten lang über einen Vers aus Lukas 6:12-19 und bitten Sie um die Gnade, ihn in Ihrem Alltag nachzuahmen.

Verweise

Primärquellen

  • Evangelium nach Lukas, Kapitel 6 bis 9, zum Kontext des galiläischen Dienstes und der Missionsaussendungen der Jünger
  • Apostelgeschichte, Kapitel 1-2, zur Rolle der Zwölf in der frühen Kirche und zur Ersetzung von Judas
  • Erster Brief an die Korinther 12, zur paulinischen Theologie der Vielfalt der Charismen in der Einheit des Leibes Christi

Patristische und lehramtliche Quellen

  • Heiliger Augustinus, Kommentar zum Johannesevangelium, insbesondere die Abhandlungen über die Berufung der Jünger und die Verfassung der Kirche
  • Heiliger Johannes Chrysostomus, Predigten über Matthäus, für seine Betrachtungen über die Vielfalt der Apostel und die Universalität der evangelischen Berufung
  • Dogmatische Verfassung Lumen Gentium des Zweiten Vatikanischen Konzils, Kapitel 2 und 3, über das Volk Gottes und die hierarchische Struktur der Kirche

Zeitgenössische spirituelle Literatur

  • Jacques Philippe, Auf Grace hören, Editions des Béatitudes, für eine aktuelle Pädagogik der Unterscheidung im Heiligen Geist
  • Timothy Radcliffe, Warum also Christ sein?, éditions du Cerf, für eine Reflexion über die apostolische Mission in der heutigen säkularisierten Welt

Dieser Artikel entwickelt eine systematische Meditation zu Lukas 6,12-19 in sieben sich ergänzenden Dimensionen: biblischer Kontext, narrative Analyse, Gebet und Unterscheidung, gemeinschaftliche Vielfalt, missionarische Entsendung, konkrete Anwendungen und liturgische Spiritualität. Er bietet eine umfassende Reise, die es dem Leser ermöglicht, sich die Gründungsgeste Jesu, der die Zwölf Apostel nach einer Nacht des Gebets erwählte, existentiell anzueignen, um ihre Auswirkungen im heutigen persönlichen und gemeinschaftlichen Leben zu leben.

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