„Wer wird mich von diesem Leib erlösen, der mich in den Tod führt?“ (Röm 7,18-25a)

Aktie

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer

Brüder,
    Ich weiß, dass das Gute nicht in mir wohnt,
das heißt, in dem fleischlichen Wesen, das ich bin.
In der Tat ist es in meiner Reichweite, Gutes zu wollen,
aber nicht, um es zu erreichen.
    Ich tue nicht das Gute, das ich möchte,
aber ich begehe das Böse, das ich nicht tun möchte.
    Wenn ich das Böse tue, das ich nicht tun will,
also bin ich es nicht mehr, der so handelt,
aber die Sünde wohnt in mir.
    Ich, der Gutes tun möchte,
Daher beobachte ich bei mir selbst dieses Gesetz:
was in meiner Reichweite ist, ist böse.
    Tief in mir drin,
Ich habe Freude am Gesetz Gottes.
    Aber in den Gliedern meines Körpers
Ich entdecke ein anderes Gesetz,
der gegen das Gesetz kämpft, dem meine Vernunft folgt
und macht mich gefangen unter das Gesetz der Sünde, das in meinem Körper gegenwärtig ist.
    Ich unglücklicher Mensch!
Wer wird mich von diesem Körper befreien, der mich in den Tod zieht?
    Aber Gott sei Dank
durch Jesus Christus, unseren Herrn!

            – Wort des Herrn.

Freiheit jenseits des inneren Kampfes: Ausbruch aus dem Gefängnis der Sünde

Wie der heilige Paulus uns den Weg zur wahren Befreiung von den moralischen Turbulenzen zeigt, die jedes menschliche Dasein durchziehen

Sie kennen dieses herzzerreißende Gefühl: aufrichtig das Gute zu wollen und doch immer wieder in die gleichen Sackgassen, Kompromisse und Schwächen zu verfallen. In Paulus‘ verzweifeltem Ruf an die Römer: „Wer wird mich erlösen von diesem Leib, der mich in den Tod führt?“, spiegelt sich die universelle Erfahrung inneren Kampfes wider. Dieser Bibeltext beschreibt nicht nur einen psychologischen Konflikt: Er enthüllt die grundlegende menschliche Verfassung und verkündet eine radikale Befreiung. Für alle, die nach Übereinstimmung zwischen ihrem Glauben und ihrem Leben streben, eröffnet diese Passage einen neuen Weg der Hoffnung.

Wir werden zunächst den theologischen Kontext dieses wichtigen Paulusbriefes untersuchen und dann die paradoxe Dynamik der Sünde, die den Menschen bewohnt, analysieren. Drei Achsen werden dann die existenzielle Tragweite dieses Textes entfalten: Klarheit über unseren Zustand, Erkenntnis unserer Machtlosigkeit und Offenheit für die befreiende Gnade. Schließlich werden wir untersuchen, wie wir diese Befreiung im täglichen und spirituellen Leben konkret umsetzen können.

Kontext

Der Römerbrief, verfasst um 57 oder 58 n. Chr., stellt die systematischste theologische Darlegung des Heiligen Paulus dar. Dieser Brief, verfasst in Korinth, richtet sich an eine christliche Gemeinde, die Paulus zwar nicht gegründet hatte, die er aber besuchen wollte. Darin entwickelt er sein Verständnis der von Christus angebotenen Erlösung, der Rechtfertigung durch den Glauben und der menschlichen Existenz angesichts der Sünde.

Kapitel 7 ist ein entscheidender Abschnitt, in dem Paulus die komplexe Beziehung zwischen dem mosaischen Gesetz, Sünde und Gnade darlegt. Nachdem er dargelegt hat, dass der Glaube an Christus von der Verpflichtung befreit, das jüdische Gesetz zu befolgen, um erlöst zu werden, antwortet Paulus auf einen möglichen Einwand: Ist das Gesetz deshalb böse? Nein, antwortet er entschieden. Das Gesetz ist heilig, gerecht und gut. Aber es offenbart die Sünde, ohne sie erlösen zu können.

Die Passage, die wir untersuchen, stellt den dramatischen Höhepunkt dieser Betrachtung dar. Darin beschreibt Paulus eine erschütternde innere Erfahrung, über die Kommentatoren lange debattiert haben: Spricht er von seiner persönlichen Erfahrung vor seiner Bekehrung? Beschreibt er den Zustand des Gläubigen selbst? Verwendet er ein rhetorisches „Ich“, um die gesamte Menschheit zu beschreiben? Die Mehrheit der zeitgenössischen Exegeten neigt zur letzteren Interpretation: Paulus verwendet die erste Person, um eine Erfahrung zu verallgemeinern, die jeder Mensch macht, ob gläubig oder nicht.

Die liturgische Verwendung dieses Textes in der katholischen Kirche erfolgt häufig während der Lesungen im Jahreskreis, insbesondere wenn die Liturgie die Themen Bekehrung, geistlicher Kampf und neues Leben in Christus behandelt. Dieser Text steht im Einklang mit der sakramentalen Erfahrung der Beichte und dem Wunsch nach innerer Wandlung.

Der Text selbst offenbart eine bemerkenswerte dramatische Struktur. Paulus beschreibt zunächst Hilflosigkeit: „Ich weiß, dass in mir nichts Gutes wohnt.“ Diese radikale Aussage mag pessimistisch erscheinen, spiegelt aber außergewöhnliche spirituelle Einsicht wider. Paulus unterscheidet dann zwischen Wollen und Tun: „In meiner Macht steht es, das Gute zu wollen, nicht aber, es zu vollbringen.“ Diese Trennung zwischen Absicht und Tat offenbart die innere Spaltung, die den Menschen kennzeichnet.

Der Text geht dann zur Identifizierung der Ursache über: „Wenn ich das Böse tue, das ich nicht will, dann bin nicht mehr ich es, der es tut, sondern die Sünde, die in mir wohnt.“ Paulus personifiziert die Sünde als eine autonome Kraft, fast wie eine fremde Macht, die das Innere des Menschen besetzt. Diese Sichtweise geht über die einfache Psychologie hinaus und erreicht eine theologische Anthropologie: Der Mensch ist durch eine Realität, die ihn übersteigt, mit sich selbst uneins.

Der Höhepunkt ist der verzweifelte Schrei: „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Leib, der mich dem Tode entgegenzieht?“ Dieser Ausruf ist keine absolute Verzweiflung, sondern das Eingeständnis der Hilflosigkeit, das die Erwartung eines Befreiers eröffnet. Und sogleich antwortet Paulus: „Gott aber sei Dank durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ Dieser letzte Dank kehrt das ganze Bild um: Der beschriebene Kampf ist nicht ausweglos, es gibt eine Befreiung.

„Wer wird mich von diesem Leib erlösen, der mich in den Tod führt?“ (Röm 7,18-25a)

Analyse

Die zentrale Idee dieser paulinischen Passage liegt im Paradoxon eines guten Willens, der in der radikalen Unfähigkeit gefangen ist, das gewünschte Gute zu erreichen. Diese Spannung ist nicht zufällig, sondern strukturell: Sie offenbart den grundlegenden Zustand des Menschen seit dem Sündenfall. Paulus beschreibt kein persönliches psychologisches Problem, sondern ein universelles Gesetz der menschlichen Existenz, das durch die Gnade noch nicht vollständig verwandelt wurde.

Der Text beschreibt drei wesentliche, logisch aufeinander folgende Schritte. Zunächst die klare Erkenntnis: „Ich weiß, dass in mir nichts Gutes wohnt.“ Diese Aussage leugnet weder die Menschenwürde noch das Bild Gottes im Menschen. Sie stellt lediglich fest, dass die menschliche Natur nach der Erbsünde verwundet ist, zum Bösen neigt und unfähig ist, das Gute, das sie ersinnt, vollständig zu verwirklichen. Paulus unterscheidet genau zwischen Wollen und Tun: Der Wille bleibt auf das Gute ausgerichtet, aber die Ausführung fehlt. Diese Unterscheidung zeigt, dass das Problem nicht primär intellektueller oder intentionaler, sondern ontologischer Natur ist.

Dann die existenzielle Diagnose: „Ich entdecke ein anderes Gesetz, das dem Gesetz widerstreitet, dem meine Vernunft folgt.“ Paulus verwendet das juristische Vokabular des „Gesetzes“, um zwei gegensätzliche Kräfte im Menschen zu beschreiben. Das Gesetz der Vernunft entspricht dem moralischen Gesetz, dem Gewissen des Guten, dem authentischen Wunsch, das Rechte zu tun. Das andere Gesetz, das der Sünde in den Gliedern, steht für die Schwere des Fleisches, die Anziehungskraft des Bösen, die Leichtigkeit der Übertretung. Dieser innere Kampf ist nicht metaphorisch gemeint: Er ist die tägliche Erfahrung jedes Menschen, der ehrlich zu sich selbst ist.

Schließlich der christologische Schluss: „Gott sei Dank durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ Dieser scheinbar abrupte Schluss offenbart die ganze Dynamik des Textes. Paulus zeichnete bewusst ein düsteres Bild menschlicher Hilflosigkeit, um die Gnade Christi heller erstrahlen zu lassen. Ohne diese Gnade bleibt der Mensch Gefangener der Sünde. Mit ihr wird Befreiung möglich – nicht durch eigene Anstrengung, sondern durch ein freies Geschenk.

Die theologische Bedeutung dieser Passage ist immens. Paulus stellt fest, dass das Gesetz trotz seiner Heiligkeit nicht retten kann. Es offenbart die Sünde, es zeigt den Weg zum Guten, aber es gibt nicht die Kraft, ihn zu vollbringen. Diese Offenbarung widerlegt jeden moralistischen oder voluntaristischen Ansatz zur Erlösung. Der Mensch wird nicht durch eigene Anstrengungen gerettet, auch nicht durch tugendhafte. Er wird gerettet durch Gnade, die von anderswo kommt, die von innen heraus verwandelt, die wahrhaft befreit.

Diese paulinische Vision durchdringt die gesamte spätere christliche Anthropologie. Sie bildet die Grundlage für die augustinische Gnadentheologie, die protestantische Reflexion über die Rechtfertigung allein durch den Glauben und sogar für das katholische Verständnis des geistlichen Kampfes und der Notwendigkeit der Sakramente. Der Mensch ist gleichzeitig fähig, das Gute zu begreifen, und unfähig, es aus eigener Kraft vollständig zu verwirklichen: Diese Spannung definiert unseren Zustand als Pilger auf dem Weg zur Heiligkeit.

Auf existenzieller Ebene befreit uns dieser Text von unfruchtbarer Schuld. Wenn Sünde eine Macht jenseits unserer Kontrolle ist, wenn innere Spaltung strukturell ist, dann sind unsere wiederholten Verfehlungen nicht primär persönliche moralische Verfehlungen, sondern Ausdruck unserer Verletzlichkeit. Diese Erkenntnis rechtfertigt das Böse nicht, aber sie verschiebt den Blick: vom moralischen Urteil zum Ruf nach Gnade, von der Selbstanklage zu vertrauensvoller Demut.

Spirituelle Klarheit angesichts der innewohnenden Sünde

Die erste grundlegende Achse dieses paulinischen Textes betrifft die spirituelle Klarheit, die Fähigkeit, die Realität unserer inneren Verfassung klar und deutlich zu erkennen, ohne Illusionen oder Verleugnung. Wenn Paulus sagt: „Ich weiß, dass in mir nichts Gutes wohnt“, verfällt er nicht in Pessimismus, sondern praktiziert das, was spirituelle Menschen Selbsterkenntnis nennen. Diese Klarheit stellt paradoxerweise den ersten Schritt zur Befreiung dar.

In unserer heutigen Kultur, die von psychologischem Optimismus und positivem Denken geprägt ist, kann das Eingeständnis der eigenen moralischen Schwäche kontraproduktiv erscheinen. Ständig wird uns gesagt, wir sollten an uns selbst glauben, Selbstwertgefühl entwickeln und unseren Wert bekräftigen. Diese Ermutigungen haben ihre Berechtigung, doch Paulus lädt uns zu einem tieferen und wahrhaftigeren Ansatz ein: ehrlich und ohne Vortäuschung zu betrachten, was in uns vorgeht. Diese radikale Ehrlichkeit ist kein Masochismus, sondern spiritueller Realismus.

Paulinische Klarheit zeigt deutlich, wo das Problem liegt: nicht in der Absicht, sondern in der Ausführung. „Ich kann das Gute wollen, aber nicht vollbringen.“ Dieser subtile Unterschied zeigt, dass der Mensch in seinen grundlegenden Bestrebungen nicht völlig verdorben ist. Sein Verlangen bleibt auf das Gute ausgerichtet, sein Wille behält eine anfängliche Rechtschaffenheit. Das Problem entsteht im Moment der konkreten Umsetzung, wenn es darum geht, die Absicht in die Tat umzusetzen.

Diese Analyse wirft Licht auf unzählige Alltagssituationen. Wie oft haben wir uns ernsthaft vorgenommen, ein Verhalten zu ändern, einen Fehler zu korrigieren oder eine neue tugendhafte Praxis anzunehmen, nur um ein paar Tage oder Wochen später festzustellen, dass wir in unsere alten Gewohnheiten zurückgekehrt sind? Der Raucher, der aufhören will, der wütende Mensch, der geduldiger werden möchte, der Christ, der sich vornimmt, jeden Morgen mehr zu beten: Alle kennen diese Kluft zwischen Vorsatz und Erfüllung.

Paulus psychologisiert dieses Phänomen nicht, sondern theologisiert es. Er sagt nicht: „Mir fehlt die Willenskraft“ oder „Mir fehlt die Selbstdisziplin“. Er sagt: „Die Sünde wohnt in mir.“ Diese Personifizierung der Sünde als quasi-autonome Kraft mag unsere moderne Mentalität überraschen. Doch sie fängt eine universelle Erfahrung ein: die einer Macht in uns, die scheinbar gegen unseren Willen handelt und uns zu Verhaltensweisen drängt, die wir bewusst missbilligen.

Die Wüstenväter, jene Mönche der ersten christlichen Jahrhunderte, die systematisch das Innenleben erforschten, sprachen von „Gedanken“ oder „Logismoi“: jenen inneren Eingebungen, die die Seele in Versuchung führen und sie von ihrem spirituellen Entschluss abbringen. Wie Paulus erkannten sie, dass diese Gedanken nicht einfach neutrale psychologische Erscheinungen sind, sondern Manifestationen einer objektiven spirituellen Realität: der Präsenz und Wirkung des Bösen in der Welt und im Menschen.

Zu dieser geistigen Klarheit gehört auch, die innere Spaltung selbst zu erkennen. Paulus spricht von zwei widerstreitenden Gesetzen: „In den Gliedern meines Leibes finde ich ein anderes Gesetz, das dem Gesetz meines Geistes widerstreitet.“ Diese juristische Metapher beschreibt einen inneren Bürgerkrieg. Der Mensch ist kein homogener Block, sondern ein Schlachtfeld, auf dem gegensätzliche Kräfte aufeinanderprallen.

Die christliche spirituelle Tradition hat diese Spaltung ausführlich kommentiert. Der heilige Augustinus beschreibt in seinen Bekenntnissen, wie sein Wille durch die Gewohnheit der Sünde „gefesselt“ war, was zu einer „harten Knechtschaft“ führte. Selbst als er sich intellektuell zum Christentum bekehrte, war Augustinus nicht in der Lage, den Schritt der völligen Hingabe zu wagen, da seine ungeordneten Bindungen ihn davon abhielten. Diese Erfahrung Augustins veranschaulicht perfekt die Aussage des Paulus.

Klarheit führt nicht zur Verzweiflung, sondern zur Demut. Objektiv zu erkennen, dass wir uns nicht selbst retten können, bedeutet, die stolze Illusion moralischer Selbstgenügsamkeit aufzugeben. Es bedeutet, unseren Status als verwundete Geschöpfe zu akzeptieren, die eines Retters bedürfen. Diese Demut ist keine Erniedrigung, sondern Wahrheit: Sie verortet uns richtig in der Beziehung zwischen Geschöpf und Schöpfer, zwischen Sünder und Erlöser.

Konkret verändert diese Klarheit unser spirituelles Leben. Statt uns in heroischen, zum Scheitern verurteilten Vorsätzen zu verausgaben, lernen wir, auf die Gnade zu vertrauen. Statt nach jedem Rückfall fruchtlose Schuldgefühle zu hegen, kehren wir einfach vertrauensvoll zu Gott zurück, im Wissen, dass unsere Schwächen bekannt sind und uns Vergebung angeboten wird. Statt andere für ihre Schwächen hart zu verurteilen, erkennen wir in ihnen denselben inneren Kampf, den wir selbst führen.

„Wer wird mich von diesem Leib erlösen, der mich in den Tod führt?“ (Röm 7,18-25a)

Radikale Ohnmacht als Tor zur Gnade

Die zweite Hauptachse dieses Textes untersucht die menschliche Ohnmacht angesichts der Sünde, nicht als verzweifelte Unvermeidlichkeit, sondern als Voraussetzung für die Annahme göttlicher Gnade. Wenn Paulus ausruft: „Ich elender Mensch!“, suhlt er sich nicht in Selbstmitleid, sondern bringt die schmerzliche Erkenntnis einer absoluten Grenze zum Ausdruck: Der Mensch allein kann sich nicht befreien.

Dieses Eingeständnis der Machtlosigkeit ist ein zutiefst beleidigender Akt unserer modernen Kultur. Wir leben in einer Zeit, die Autonomie, Selbstbestimmung und die Fähigkeit des Einzelnen, alle Hindernisse zu überwinden, feiert. Motivationssprüche hämmern uns die Botschaft ein: „Du kannst alles erreichen“, „Nur dein Wille zählt“, „Schaff dir deine eigene Realität“. Angesichts dieser Ideologie der persönlichen Allmacht behauptet Paulus etwas radikal anderes: Nein, man kann nicht alles allein schaffen, und diese Machtlosigkeit ist keine Schwäche, die es zu überwinden gilt, sondern eine Realität, die es zu akzeptieren gilt.

Die paulinische Impotenz betrifft nicht die gewöhnlichen natürlichen Fähigkeiten. Paulus sagt nicht, dass der Mensch nichts im natürlichen Sinne vollbringen kann: Zivilisationen aufbauen, Kunstwerke schaffen, Wissenschaften entwickeln, natürliche Tugenden ausüben. Die Impotenz, von der er spricht, ist spiritueller und soteriologischer Natur: Der Mensch kann sich nicht selbst retten, sich radikal verwandeln, die Sünde, die in ihm wohnt, endgültig überwinden.

Diese Unterscheidung ist entscheidend, um Quietismus und Fatalismus zu vermeiden. Unsere geistige Ohnmacht zu erkennen bedeutet nicht, auf alle Anstrengungen zu verzichten, jede Verantwortung abzulehnen oder in Passivität zu verfallen. Es bedeutet zu verstehen, dass unsere Bemühungen mit dem Wirken der Gnade verbunden sein müssen, dass unser Wille mit dem göttlichen Willen zusammenarbeiten muss und dass unsere Freiheit ihre Fülle nicht in der Autonomie, sondern in der Gemeinschaft mit Gott findet.

Der Ruf „Wer wird mich erlösen?“ bringt diese Ohnmacht zum Ausdruck und öffnet zugleich die Tür für ihre Überwindung. Paulus sagt nicht: „Niemand kann mich erlösen“, sondern: „Wer wird mich erlösen?“ und bringt damit die Erwartung eines äußeren Befreiers zum Ausdruck. Diese Erwartung ist keine Resignation, sondern aktive Hoffnung. Sie erkennt an, dass die Erlösung von woanders kommt, dass sie eher ein Geschenk als eine Errungenschaft, eher Gnade als Verdienst ist.

Die christliche Tradition hat sich immer wieder mit dieser Dialektik menschlicher Ohnmacht und göttlicher Allmacht auseinandergesetzt. Der heilige Thomas von Aquin, der die katholische Theologie zusammenfasst, lehrt, dass der Mensch in seinem Zustand der gefallenen Natur nicht aus eigener Kraft alle Naturgesetze erfüllen, alle schweren Sünden vermeiden oder Gott dauerhaft über alles lieben kann. Er braucht die ständige Gnade, die sein Wesen heilt und erhebt.

Die Spiritualität des Karmel, wie sie die Heilige Teresa von Avila und der Heilige Johannes vom Kreuz verkörperten, legt besonderen Wert auf die Erkenntnis unserer Ohnmacht, Gottes Handeln anzunehmen. Teresa sprach nicht aus falscher Demut, sondern aus spiritueller Klarheit von ihrem „Nichts“: Ohne Gott kann sie nichts tun; mit Gott wird alles möglich. Johannes vom Kreuz beschreibt den spirituellen Weg als ein fortschreitendes Ablegen jeglichen Anspruchs auf Selbsterlösung.

Dieses Eingeständnis der Machtlosigkeit revolutioniert die sakramentale Praxis. Das Sakrament der Versöhnung, die Beichte, erhält seine volle Bedeutung: nicht als demütigende Übung in Selbstanklage, sondern als freudige Erkenntnis, dass wir göttliche Vergebung brauchen und uns nicht selbst freisprechen können. Die Eucharistie wird zur unverzichtbaren Nahrung, nicht zur optionalen Ergänzung: Der Christ erkennt, dass er geistig nicht aus eigener Kraft leben kann, sondern der Nahrung des Leibes Christi bedarf.

Das Gebet selbst verändert sich. Statt einer spirituellen Darbietung, in der wir unsere Inbrunst zeigen, wird es zu einem vertrauensvollen Flehen: „Herr, ich brauche dich. Ohne dich kann ich nichts tun. Komm mir zu Hilfe.“ Das Bittgebet, manchmal als minderwertige Spiritualität verachtet, gewinnt seine grundlegende Würde zurück: Es bringt die Wahrheit unserer Abhängigkeit zum Ausdruck.

Diese anerkannte Hilflosigkeit befreit uns auch von fruchtlosen Vergleichen. Wenn sich niemand selbst retten kann, sind alle gleich vor der Gnadenbedürftigkeit. Heilig ist nicht derjenige, der aus eigener Kraft erfolgreich war, sondern derjenige, der Gottes Wirken in sich mit besonderer Fügsamkeit angenommen hat. Diese grundsätzliche Gleichheit in der Hilflosigkeit nährt gegenseitige Demut und Mitgefühl.

Paradoxerweise macht uns die Akzeptanz unserer Machtlosigkeit geistig stärker. Solange wir uns auf unsere eigene Kraft verlassen, bleiben wir auf unsere natürlichen Fähigkeiten beschränkt. Wenn wir akzeptieren, uns ganz auf Gott zu verlassen, kann seine Allmacht in uns wirken. Der heilige Paulus bekräftigt an anderer Stelle: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“, denn in seiner anerkannten Schwäche kann sich die Kraft Christi voll entfalten.

„Wer wird mich von diesem Leib erlösen, der mich in den Tod führt?“ (Röm 7,18-25a)

Angebotene Befreiung: Vom Gesetz zur Gnade

Die dritte zentrale Achse untersucht die Reaktion auf Hilflosigkeit: „Gott sei Dank durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ Dieser einleitende Dankspruch kehrt das gesamte vorherige Bild um. Nach der Schilderung der Gefangenschaft verkündet Paulus die Befreiung. Doch diese Befreiung kommt nicht durch verdoppelte menschliche Anstrengung, eine bessere moralische Strategie oder einen stärkeren Willen: Sie kommt von Jesus Christus.

Diese christologische Dimension ist für das paulinische Denken von zentraler Bedeutung. Christus ist nicht einfach ein moralisches Vorbild, dem wir folgen sollen, ein weiser Mann, dessen Lehren wir folgen. Er ist der Befreier, der die Ketten der Sünde wirksam zerbricht. Sein Tod und seine Auferstehung haben die Macht der Sünde und des Todes objektiv besiegt. Durch die Taufe nimmt der Gläubige an diesem Sieg teil, stirbt und ersteht mit Christus und empfängt neues Leben.

Dieses neue Leben ist weder automatisch noch magisch. Es bleibt ein Leben des Glaubens, des spirituellen Kampfes und des fortschreitenden Wachstums. Doch es ist Teil einer veränderten Realität: Der Gläubige steht nicht länger unter der Herrschaft der Sünde, auch wenn er weiterhin sündigt. Er gehört nun einer neuen Ordnung an, der Ordnung der Gnade, in der der endgültige Sieg gesichert ist, auch wenn der Weg dorthin anspruchsvoll bleibt.

Die christliche Befreiung unterscheidet sich grundlegend von allen rein menschlichen oder psychologischen Formen der Befreiung. Sie ist weder Befreiung durch Erkenntnis (Gnosis), noch durch moralische Anstrengung (Pelagianismus), noch durch die Leugnung des Bösen (naiver Optimismus). Sie ist Befreiung durch Gnade, das heißt durch ein Geschenk Gottes, das den Menschen wahrhaftig von innen heraus verwandelt.

Diese Verwandlung geschieht durch den Heiligen Geist, den der auferstandene Christus in die Herzen der Gläubigen gießt. Der Geist ist das „neue Gesetz“, von dem Paulus an anderer Stelle spricht: kein Gesetz mehr, das auf Steintafeln oder Papier geschrieben ist, sondern ein Gesetz, das in die Herzen eingeschrieben ist, eine innere göttliche Gegenwart, die leitet, erleuchtet und stärkt. Der Geist gibt die Kraft, das zu erreichen, was der bloße menschliche Wille nicht erreichen könnte.

Wie wird diese Befreiung im christlichen Leben konkret erfahren? Zunächst durch einen tiefen inneren Frieden. Trotz Rückfällen und anhaltenden Kämpfen weiß der Christ, dass Gott ihm vergeben, ihn angenommen und bedingungslos geliebt hat. Diese Gewissheit der Erlösung in Christus befreit von der Angst vor dem Gericht, von der Sündenbesessenheit und der Schuldspirale. Das Sündenbewusstsein bleibt, aber es erdrückt nicht mehr: Es führt lediglich zu einer vertrauensvollen Rückkehr zum barmherzigen Vater.

Dann durch eine neue Fähigkeit, dem Bösen zu widerstehen und das Gute zu tun. Diese Fähigkeit beseitigt den Kampf nicht, verändert aber die Dynamik. Anstatt allein mit eigener Kraft gegen einen überlegenen Feind zu kämpfen, kämpft der Christ mit der Kraft des Geistes. Versuchungen bleiben bestehen, aber ihr Einfluss lässt allmählich nach. Tugenden, die scheinbar unmöglich nachhaltig zu praktizieren waren, werden allmählich selbstverständlich, Früchte der Gnade statt Produkte des Willens.

Diese Befreiung verändert auch die Beziehung zum Gesetz. Paulus erklärt im Römer- und Galaterbrief ausführlich, dass der Christ nicht mehr „unter dem Gesetz“, sondern „unter der Gnade“ steht. Das bedeutet nicht Antinomismus, die Abschaffung aller moralischen Normen. Es bedeutet, dass das moralische Gesetz nicht länger eine erdrückende, unerträgliche Last ist, sondern ein Ausdruck der Liebe, den der Geist ermöglicht. Der Christ erfüllt das Gesetz nicht durch äußeren Zwang, sondern durch die innere Dynamik der Liebe.

Die Heiligen veranschaulichen diese Befreiung auf wunderbare Weise. Sie sind keine moralischen Übermenschen, denen es durch außergewöhnliche Willenskraft gelungen ist, alle Gebote perfekt zu befolgen. Sie sind Männer und Frauen, die die Gnade in sich wirken ließen, die fügsam mit dem Wirken des Geistes zusammenarbeiteten und die göttliche Barmherzigkeit mit vollem Vertrauen annahmen. Ihre Heiligkeit ist nicht ihr Werk, sondern das Werk Gottes in ihnen.

Die heilige Theresia von Lisieux bringt mit ihrem „Kleinen Weg“ diese Logik der Gnade perfekt zum Ausdruck. Im Bewusstsein ihrer Schwäche verzichtet sie darauf, die „Leiter der Vollkommenheit“ aus eigener Kraft zu erklimmen und lässt sich von den Armen des Vaters tragen. Ihre Heiligkeit besteht nicht darin, geistliche Heldentaten zu vollbringen, sondern sich ganz der barmherzigen Liebe hinzugeben. Dieser Weg der geistlichen Kindheit ist eine reine Anwendung der paulinischen Gnadentheologie.

Das liturgische und sakramentale Leben der Kirche macht diese Befreiung gegenwärtig. Jedes Sakrament ist ein Kanal der Gnade, ein Mittel, durch das Christus sein göttliches Leben mitteilt. Die Taufe schenkt uns neues Leben, die Firmung stärkt uns mit dem Heiligen Geist, die Eucharistie nährt uns mit dem Leib des Auferstandenen, die Versöhnung erneuert uns in der Vergebung, die Krankensalbung vereint uns mit dem Leiden Christi, und Ehe und Weihe weihen uns für konkrete Sendungen. Alle diese Sakramente zeigen, dass Gnade keine abstrakte Idee, sondern konkrete Realität ist, eine reale Mitteilung göttlichen Lebens.

Diese Befreiung ist schließlich bereits real, aber noch nicht vollständig. Die Theologie spricht von einer „eingeleiteten Eschatologie“: Das Reich Gottes hat in Christus bereits begonnen, ist aber noch nicht vollständig offenbart. Ebenso ist unsere Befreiung von der Sünde bereits wirksam, ihre volle Vollendung wartet jedoch auf die endgültige Auferstehung. Diese Spannung zwischen „schon“ und „noch nicht“ erklärt, warum der geistliche Kampf anhält und warum wir auch dann noch sündigen, wenn wir gerechtfertigt sind. Sie gibt uns aber auch die Gewissheit, dass der endgültige Sieg gewiss ist, dass unsere Hoffnung nicht vergeblich ist und dass das Begonnene vollendet wird.

Tradition

Dieser Text aus Römer 7 hat die gesamte christliche Tradition tiefgreifend beeinflusst und unzählige Kommentare, theologische Kontroversen und spirituelle Anwendungen hervorgerufen. Seine Resonanz überdauert die Jahrhunderte und verdeutlicht seine anhaltende Relevanz für die menschliche Erfahrung und den christlichen Glauben.

Der heilige Augustinus von Hippo war von dieser Passage besonders beeindruckt. In seiner Auseinandersetzung mit Pelagius, der die menschliche Fähigkeit bekräftigte, durch eigene Anstrengung und ohne besondere Gnade Gutes zu vollbringen, stützte sich Augustinus stark auf Römer 7, um die radikale Ohnmacht des Menschen ohne Gnade zu demonstrieren. Für Augustinus beschreibt dieser Text authentisch den Zustand eines jeden Menschen, auch eines Gläubigen, solange er in dieser Welt bleibt. Der Kampf zwischen Fleisch und Geist dauert bis zum Tod an, auch wenn die Gnade allmählich den Sieg bringt.

Die östliche und westliche monastische Tradition hat diesen Text zu einer Grundlage ihrer spirituellen Anthropologie gemacht. Die Wüstenväter erkannten in der paulinischen Beschreibung ihre eigene Erfahrung im Kampf gegen Gedanken, Leidenschaften und Dämonen. Ihre asketische Praxis zielte darauf ab, das Herz dieser inneren Spaltung zu reinigen, nicht aus eigener Kraft, sondern im Zusammenwirken mit der göttlichen Gnade, insbesondere durch das beständige Gebet des Namens Jesu.

Die mittelalterliche Theologie, insbesondere die des Thomas von Aquin, integrierte diese paulinische Vision in eine ausgeklügelte Anthropologie. Thomas unterscheidet sorgfältig zwischen Natur und Gnade: Die menschliche Natur behält auch im Fall des Sündenfalls ihre grundlegende Güte und ihre eigenen Fähigkeiten, braucht aber die Gnade für ihre übernatürliche Erfüllung. Die Erbsünde verletzte die menschliche Natur, zerstörte sie aber nicht und schuf so die von Paulus erwähnte Trennung zwischen Vernunft und Begierde.

Die protestantische Reformation stellte den Römerbrief in den Mittelpunkt ihrer Theologie. Insbesondere Luther fand in diesem siebten Kapitel die perfekte Beschreibung des gerechtfertigten Gläubigen, der dennoch Sünder bleibt. Seine Formel „simul justus et peccator“ (gleichzeitig gerecht und Sünder) ist direkt von der paulinischen Spannung inspiriert. Für Luther bleibt der Gläubige innerlich immer gespalten, wird aber durch den Glauben an Christus, der von seiner Gerechtigkeit umhüllt ist, für gerecht erklärt.

Die Spiritualität des Karmel, mit Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz, hat diese menschliche Ohnmacht als unverzichtbare Voraussetzung für die mystische Vereinigung tief meditiert. Johannes vom Kreuz beschreibt in seiner „Dunkelnacht“, wie Gott die Seele schrittweise von all ihren ungeordneten Bindungen reinigt und sie dazu bringt, ihre Nichtigkeit zu erkennen, um sich ganz der verwandelnden Gnade zu öffnen.

Die zeitgenössische katholische Theologie, insbesondere seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, hat die Lesart dieses Textes erneuert und die allgemeine Berufung zur Heiligkeit betont. Wenn alle Getauften zur Vollkommenheit der Liebe berufen sind, geschieht dies nicht durch ihre eigene Kraft, sondern durch die Gnade des Heiligen Geistes, der in ihnen wohnt. Der von Paulus beschriebene Kampf ist nicht unvermeidlich, sondern ein obligatorischer Schritt auf dem Weg zur fortschreitenden Wandlung in Christus.

In der Liturgie findet dieser Text besonders in der Fastenzeit, einer Zeit der Umkehr und des geistlichen Kampfes, Anklang. Er erinnert die Gläubigen daran, dass ihre Buße nicht darauf abzielt, sich das Heil durch eigene Anstrengung zu verdienen, sondern sich stärker der verwandelnden Wirkung der Gnade zu öffnen. Die österliche Beichte, die traditionell in der Fastenzeit gefördert wird, bringt dieses Eingeständnis der Ohnmacht und die Annahme der befreienden Vergebung konkret zum Ausdruck.

Meditationen

Wie können wir diese vom Heiligen Paulus verkündete Befreiung konkret erleben? Hier ist ein Weg der Meditation und spirituellen Praxis, inspiriert von Römer 7, gegliedert in sieben aufeinander aufbauende Schritte, um diese Botschaft im Alltag umzusetzen.

Üben Sie täglich die Gewissenserforschung. Lassen Sie jeden Abend zehn Minuten lang mitfühlend und klar Ihren Tag Revue passieren. Identifizieren Sie die Momente, in denen Sie Gutes tun wollten, es aber nicht geschafft haben. Seien Sie nicht zu streng mit sich selbst, sondern erkennen Sie die Realität dieses inneren Kampfes an. Beenden Sie den Tag mit einem Dank an Gott für seine Geduld und Barmherzigkeit.

Hilflosigkeit als spirituellen Weg akzeptieren. Wenn Sie eine wiederkehrende Schwäche, einen hartnäckigen Defekt oder einen wiederholten Rückfall bemerken, widerstehen Sie der Versuchung, entmutigt zu werden oder stur zu bleiben. Sagen Sie einfach: „Herr, ich kann es nicht alleine schaffen. Komm mir zu Hilfe.“ Dieses Gebet der Hilflosigkeit hat eine große spirituelle Kraft.

Empfangen Sie regelmäßig das Sakrament der Versöhnung. Betrachten Sie die Beichte nicht als demütigende Pflicht, sondern als befreiende Begegnung mit der göttlichen Barmherzigkeit. Bereiten Sie sich vor, indem Sie Römer 7 noch einmal lesen und nicht nur Ihre Fehler erkennen, sondern auch Ihre Unfähigkeit, sie allein zu vermeiden. Akzeptieren Sie die Absolution als das wirksame Wort, das Sie wirklich befreit.

Nähren Sie das innere Leben durch die Eucharistie. Empfangen Sie die Kommunion so oft wie möglich, denn Sie brauchen diese geistige Nahrung. Beten Sie vor dem Kommunionempfang: „Herr, ich bin nicht würdig, dich zu empfangen. Sprich nur ein Wort, dann werde ich geheilt.“ Dieses Gebet drückt das Bewusstsein unserer Unwürdigkeit und unser Vertrauen in die verwandelnde Kraft Christi aus.

Pflegen Sie das Gebet im Namen Jesu. In Zeiten der Versuchung oder des inneren Kampfes bete einfach: „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner Sünder.“ Dieses alte Gebet aus der östlichen Tradition bringt die Erkenntnis unserer Not und den Ruf nach dem Befreier perfekt zum Ausdruck. Im Glauben wiederholt, beruhigt es das Herz und stärkt gegen Versuchungen.

Geistig begleiten und begleitet werden. Teilen Sie Ihren inneren Kampf mit einem Priester, einem geistlichen Begleiter oder einem vertrauten christlichen Freund. Diese Transparenz durchbricht die Isolation der Sünde und ermöglicht es Ihnen, Ermutigung, Rat und Gemeinschaft zu empfangen. Es zeigt konkret, dass wir mit unserem Kampf nicht allein sind.

Meditiere regelmäßig über Römer 7 in der lectio divina. Nimm diesen Text als Grundlage für deine monatliche Meditation. Lies ihn langsam, suche dir den Vers aus, der dich am meisten berührt, denke darüber nach, bete mit ihm und lass ihn in deinem Herzen verweilen. Diese Vertrautheit mit dem paulinischen Text verankert in dir ein wahres Bewusstsein für deinen Zustand und die Gnade, die dich rettet.

„Wer wird mich von diesem Leib erlösen, der mich in den Tod führt?“ (Röm 7,18-25a)

Abschluss

Der Ruf des heiligen Paulus: „Wer wird mich von diesem Leib erlösen, der mich in den Tod führt?“ erreicht über die Jahrhunderte hinweg jeden Menschen, der ehrlich zu sich selbst ist. Diese existenzielle Frage findet ihre Antwort nicht in unseren heroischen Anstrengungen, sondern in der befreienden Gnade Jesu Christi.

Die revolutionäre Kraft dieser Botschaft liegt genau in dieser Umkehrung: Unsere Schwäche wird zur Tür der Erlösung, unsere Hilflosigkeit öffnet den Blick auf die göttliche Allmacht, unser innerer Kampf offenbart unser Bedürfnis nach dem Erlöser. Weit entfernt von Fatalismus ist diese Erkenntnis wahre Befreiung. Sie befreit uns von der stolzen Illusion der Selbstgenügsamkeit, von der Erschöpfung fruchtloser Bemühungen und von lähmender Schuld.

Das Leben nach dieser paulinischen Wahrheit verändert das christliche Leben radikal. Das geistliche Leben ist nicht länger ein erschöpfender Wettlauf nach unerreichbarer Vollkommenheit, sondern ein vertrauensvolles Annehmen der Gnade, die in uns bewirkt, was wir allein nicht erreichen können. Der moralische Kampf verschwindet nicht, aber er verändert sich: vom einsamen Ringen zur Zusammenarbeit mit dem Heiligen Geist, von anstrengender Anstrengung zur vertrauensvollen Hingabe, vom Verdienst zur Gabe.

Diese Umkehr der Einstellung und des Herzens trägt konkrete Früchte: inneren Frieden trotz unserer Unvollkommenheiten, Geduld mit unserer geistigen Langsamkeit, Mitgefühl für die Schwächen anderer, freudige Treue zum sakramentalen Leben, unbesiegbare Hoffnung trotz Rückfällen. Der Christ lernt allmählich, nach der Logik der Gnade zu leben und nicht nach der Logik moralischer Leistung.

Die Dringlichkeit dieser Botschaft für unsere Zeit ist offensichtlich. Angesichts der zeitgenössischen Ideologie persönlicher Allmacht, absoluter Autonomie und Selbstkonstruktion verkündet Paulus eine radikal andere Weisheit: Wir müssen durch eine Macht jenseits unserer selbst gerettet, befreit und verwandelt werden. Diese Abhängigkeit ist keine Infantilisierung, sondern befreiende Wahrheit.

Der letzte Ruf erklingt kraftvoll: Akzeptiere deine Hilflosigkeit, nimm die Gnade an, lass dich vom Heiligen Geist verwandeln. Bleibe nicht Gefangener deiner eigenen Anstrengungen, deiner Schuld, deines wiederholten Versagens. Rufe wie Paulus: „Wer wird mich erlösen?“ Und nimm im Glauben die Antwort an: „Dank sei Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!“

Diese angebotene Befreiung erfordert nur Ihre demütige und vertrauensvolle Zustimmung. Sie wird im täglichen Gebet, im sakramentalen Leben und im allmählichen Verzicht auf jeglichen Anspruch auf Selbsterlösung erfahren. Sie manifestiert sich in einer paradoxen Freude: dem Wissen, dass sich gerade in unseren Schwächen die Kraft Gottes entfaltet und uns zur Fülle des Lebens in Christus führt.

Praktisch

  • Untersuchen Sie Ihr Herz jede Nacht indem Sie Ihre inneren Spaltungen ohne Vorurteile erkennen, einfach mit Klarheit und Vertrauen in die göttliche Barmherzigkeit, die sich jeden Tag erneuert.
  • Monatlich beichten Bereiten Sie sich auf das Abendmahl vor, indem Sie Römer 7 lesen und erkennen, dass Sie befreiende Vergebung brauchen und nicht in der Lage sind, sich allein zu korrigieren.
  • Rufen Sie täglich den Namen Jesus an in Zeiten der Versuchung, indem er sagt: „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner Sünder und komm mir zu Hilfe.“
  • Nehmen Sie jeden Sonntag und öfter an der Kommunion teil wenn möglich mit dem Bewusstsein, dass diese geistige Nahrung Ihnen die innere Kraft gibt, die Ihr Wille allein nicht hervorbringen kann.
  • Meditiere monatlich über Römer 7 in der Lectio Divina, und lassen Sie diesen Text allmählich Ihr Verständnis von sich selbst und der Wirkung der Gnade in Ihrem Leben formen.
  • Teilen Sie Ihren spirituellen Kampf mit einem vertrauten christlichen Begleiter oder Freund, wodurch die Isolation durchbrochen und Ermutigung im gemeinsamen Glauben gewonnen wird.
  • Geben Sie jeglichen moralischen Perfektionismus auf Akzeptieren Sie freudig, dass Ihre Heiligkeit Gottes Werk in Ihnen ist und nicht Ihr eigenes Werk, und befreien Sie sich so von spiritueller Angst.

Verweise

Biblische Texte : Brief des Heiligen Paulus an die Römer, Kapitel 6–8 (vollständiger Kontext der Theologie von Gnade und Sünde bei Paulus); Brief an die Galater, Kapitel 5 (Kampf zwischen Fleisch und Geist).

Kirchenväter : Heiliger Augustinus, Geständnisse (Bücher VII-VIII, über Bekehrung und Willensschwäche); der heilige Augustinus, Gnade und freier Wille (Theologische Grundsatzabhandlung über die Gnade).

Mittelalterliche Theologie : Heiliger Thomas von Aquin, Summa Theologica, Prima Secundae, Fragen 109-114 (Abhandlung über notwendige Gnade); Kommentar zum Römerbrief, Kapitel 7.

Karmelitische Spiritualität : Heilige Teresa von Avila, Das Innere Schloss (vor allem die ersten Wohnstätten); Johannes vom Kreuz, Die dunkle Nacht der Seele (zur passiven Reinigung).

Zeitgenössische Theologie : Hans Urs von Balthasar, Das göttliche Drama (Theologische Anthropologie); Karl Rahner, Grundlegende Abhandlung über den Glauben (über Gnade und menschliche Freiheit).

Kirchendokumente : Konzil von Trient, Dekret über die Rechtfertigung (1547); Katechismus der Katholischen Kirche, Absätze 1987-2029 (Gnade); Johannes Paul II., Veritatis Splendor (1993, über Moral und Gnade).

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